Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 19.01.2007

Biedenkopf muss Montag zum Showdown im Zeugenstand

 
DRESDEN - Hoher Besuch im SachsenLB-Untersuchungsausschuss: Am Montag muss Kurt Biedenkopf (76, CDU) als Zeuge aussagen. Schon jetzt zittert die CDU: Wird Biko seinem Nachfolger Georg Milbradt erneut die Leviten lesen? Die Opposition geht davon aus. Für sie ist klar: Milbradt kannte das Landesbank-Desaster - und tat nichts.

Kurt Biedenkopf, so ist zu hören, steht Gewehr bei Fuß. Schon längst wollte er dem Ausschuss Rede und Antwort stehen. Drei Termine im Juni, Oktober und Dezember letzten Jahres waren geplant. Doch die CDU schob den Auftritt immer weiter hinaus. Sie fürchtet, dass Biko die Landtags-Bühne erneut zur Abrechnung mit Georg Milbradt nutzen könnte. So wie vor knapp zwei Jahren: Damals warf er in einem gezielt lancierten Brandbrief Milbradt unverhohlen Versagen vor.

Auf vier Seiten machte Biko seinen Nachfolger und dessen Finanzminister für das Landesbank-Desaster voll verantwortlich. Das war eine Steilvorlage für den damals frisch eingesetzten SachsenLB-Untersuchungsausschuss. Denn der versucht genau das nachzuweisen. Milbradt habe trotz aller Informationen nichts getan, so Biedenkopf. „Tatsächlich ist dem Land durch das Handeln der Staatsregierung während der letzten gut zwei Jahre ein erheblicher Schaden entstanden. ... Dafür, Georg, trägst Du die politische Verantwortung. Ich erwarte von Dir als meinem Nachfolger, dass Du zu dieser Verantwortung auch öffentlich stehst.“

Die CDU reagierte geschockt, Milbradt gab sich „menschlich enttäuscht“. Die Vorwürfe seien „nicht zutreffend“. Stattdessen habe Biko selbst ein Interesse an dem Fall. Tatsächlich arbeitet dessen Schwiegersohn Andreas Waldow für die Tutzinger Immobilienfirma IIL, die die SachsenLB und damit den Freistaat als Teilhaber mit einer 140-Millionen-Euro-Klage überzogen hatte. Beide Seiten legten den Streit jedoch Ende 2006 mit einem 15-Millionen-Euro-Vergleich bei. Dass Biko deshalb am Montag milde auftreten könnte, erwartet niemand.

„Das würde ja bedeuten, dass er tatsächlich persönliche Interessen gehabt hätte“, sagt SPD-Ausschuss-Obmann Karl Nolle. „Ich erwarte vielmehr, dass er mit Punkt und Komma hinter seinem damaligen Brief steht. Denn Georg Milbradt hat dem Land durch Nichtstun Schaden zugefügt.“ Auch PDS-Obmann Klaus Tischendorf hält persönliche Befindlichkeiten für abwegig: „Im Nachhinein hat Herr Milbradt durch seinen Umgang mit der Bank und seine Verweigerungshaltung bei der Aufklärung alle Vorwürfe Biedenkopfs bestätigt.“

Die CDU hofft nun inständig, dass Biedenkopf nicht zum Frontalangriff übergeht. Vielen in der Fraktion gilt ihr Ex-Idol aber mittlerweile als unberechenbar. „Eine leichte Spannung ist allen anzumerken“, sagt ein Abgeordneter. Auch CDU-Ausschuss-Obmann Günther Schneider wirkt nur äußerlich gelassen. „Der Ausschuss wird in keiner Weise Unregelmäßigkeiten der Regierung bei der Bank-Aufsicht feststellen“, wiederholt er gebetsmühlenartig. Von Biedenkopf erwarte er keine neuen Fakten: „Ich bin davon überzeugt, dass politisch alles sauber und ordentlich gelaufen ist.“ Bleibt die Frage, ob das Biko plötzlich auch so sieht.

Landesbank Sachsen: Die Chronik der Skandale

Die 1992 gegründete SachsenLB ist die kleinste deutsche Landesbank. Sie gehört zu 37 Prozent dem Freistaat und zu 63 Prozent der Sachsen-Finanzgruppe. Die SachsenLB dient unter anderem der Wirtschaftsförderung und verwaltet das Geld der sächsischen Sparkassen. Unter den Milbradt Vertrauten Michael Weiss und Rainer Fuchs macht die Bank aber vor allem mit Skandalen Schlagzeilen.

So lässt sich Bankchef Weiss seinen 140 000 Euro teuren Dienst-Mercedes für private Zwecke umrüsten. Seine Geliebte Andrea Braun ernennt er zur Chefin einer Tochterfirma. Fuchs wiederum lässt missliebige Mitarbeiter bespitzeln. Als die Bank in einem Gerichtsverfahren ein gefälschtes Dokument präsentiert, durchsucht die Staatsanwaltschaft im Februar 2005 die Zentrale. Weiss und Fuchs müssen gehen. Beide erhalten ihr volles Gehalt (rund 200 000 Euro pro Jahr) bis zum Vertragsende im Frühjahr 2007. Weiss zieht sich mit Braun nach Zypern zurück. Gegen beide laufen noch immer Ermittlungsverfahren.

Auschuss soll Fehler der Regierung klären

Als sich die Skandale um die SachsenLB im Frühjahr 2005 häufen, drängt die Opposition im Landtag auf einen Untersuchungsausschuss. Er soll klären, welche Fehler die Regierung bei der Aufsicht der Bank gemacht hat. Zuständig dafür ist der jeweilige Finanzminister. Lange war das Georg Milbradt selbst. Seit 2002 ist es formal Horst Metz. Milbradt aber hält die Bankzügel weiter fest in der Hand. Denn im Gegensatz zu anderen Untersuchungsausschüssen erweist sich dieser als äußerst wirksam. Bereits vier Bank Manager mussten aufgrund der aufgedeckten Missstände ihre Posten räumen. Derzeit wirft die Opposition Milbradt vor, den Landtag über die Umstände der Entlassung der Ex-Bankchefs Weiss und Fuchs belogen zu haben. Die Akten dazu aber rückt Milbradt bis jetzt nicht heraus. Ein Skandal, findet SPD Mann Karl Nolle, der sich auch nicht von Koalitionspartner und CDU-Obmann Günther Schneider an die Leine legen lässt.
Von Stefan Locke