Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, 20.01.2007

Cornelius Weiss bleibt SPD-Fraktionschef - Dennoch geordneter Rückzug binnen Jahresfrist

Zumindest vor den Türen der SPD-Fraktion im Dresdner Landtag war die Stimmung gestern Mittag einigermaßen gelöst.
 
Während im Saal A 300 noch die Schlachtordnung für die nächste Plenarwoche diskutiert wurde, trafen sich auf dem Flur schon erste Sozialdemokraten zum kurzen Gespräch und Gelächter. Die Gelassenheit hatte ihren Grund: Nach wochenlangen Querelen um Fraktionschef Cornelius Weiss, der trotz anderer Ankündigungen zur Wiederwahl angetreten war und damit Widersacher auf den Plan gerufen hatte, wurde ein Ausweg aus dem internen Dilemma gefunden – zur Überraschung von Beobachtern und Beteiligten.

Zum Auftakt der Sitzung hatte Weiss in einer persönlichen Erklärung seinen baldigen Abgang angekündigt. Er werde „den Staffelstab und ein geordnetes Haus innerhalb eines Jahres an einen Nachfolger übergeben, der von den Abgeordneten getragen werde“, so Weiss. Dies sei rechtzeitig vor der nächsten Landtagswahl. Die Offerte blieb nicht ohne Wirkung.

Besiegelter Kompromiss

Statt des befürchtet knappen Ergebnisses von 7:5 Stimmen, dass den früheren Leipziger Uni-Rektor und die ganze Fraktion beschädigt hätte, kam er mit Zehn Ja-Stimmen und nur zwei Ablehnungen davon.

Der Kompromiss war erst seit Dienstag im engen Kreis ausgehandelt und in einem Telefonat mit Parteichef und Wirtschaftsminister Thomas Jurk, der zur Zeit Indien bereist, besiegelt worden. Ohne Kritik verlief die Aussprache dennoch nicht. Die Abgeordneten Gunther Hatzsch und Johannes Gerlach, die im Vorfeld verlangt hatten, Weiss möge einem jüngeren Platz machen, sparten auch in der Sitzung nicht mit klaren Worten. „Die Probleme, die bisher nicht gelöst wurden, sind nur um ein Jahr verschoben worden“, monierte Gerlach. Er erwarte, dass Weiss jetzt endlich für einen Übergang sorge. „Die Fraktion muss miteinander reden, nicht nur in Kungelrunden.“

Als Fraktionsvize fiel Gerlach jedoch bei den Kollegen durch. Er erhielt nur vier der zwölf Stimmen. Damit sei eher fraglicher geworden, dass er 2008 noch einmal für den Fraktionsvorsitz kandiere, räumte Gerlach ein.

Einen Nachfolger finden

Ein anderer möglicher Kandidat – der Gewerkschafter Stefan Brangs – wie auch SPD-Querkopf Karl Nolle atmeten indes auf. Die Fraktion habe sich aus einer Ecke befreit, in die sie ohne Not geraten sei. Für Weiss gelte nun die klare Aufgabe, so Nolle, in den nächsten Monaten mit offenen Gesprächen einen Nachfolger zu finden.

Damit ist ein anderes Modell für den Generationswechsel wieder in greifbare Nähe gerückt: 2008 könnte der Parlamentarische Geschäftsführer Martin Dulig Weiss beerben. Bisher hatte der 32-Jährige erklärt, er sei noch zu jung für das hochrangige Amt. Gestern hielt er sich mit solchen Ansagen zurück. Die Rückendeckung der Fraktion scheint er jedenfalls zu haben. Dulig wurde einstimmig wiedergewählt. Auf seinem Posten könnte Mit-Favorit Stefan Brangs nachrücken. Klar ist: 2008 muss die Führungsriege völlig neu aufgestellt werden.

Vorerst bestätigt wurden indes die Vizes Margit Weihnert, Simone Raatz und Stefan Brangs. Sie bekamen ebenfalls zehn Stimmen. Weiss zeigte sich damit äußerst zufrieden: „Auf diese Fraktion kann man stolz sein. Sie ist sich bewusst, wie sehr es im Ernstfall auf Geschlossenheit ankommt.“
Von Sven Heitkamp