Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 23.01.2007

In der Verantwortung

Kommentar von Annette Binninger über den Dauerskandal um die Landesbank
 
Während sich Sachsens Landesbank mühsam berappelt und versucht, ihren ramponierten Ruf zu flicken, geht die Suche im Scherbenhaufen dieses politischen Dauerskandals munter weiter. Dabei fragt man sich aber, welches Teilchen eigentlich noch fehlt, um in dieser Geschichte politischen Versagens endlich auch auf politischer Seite Fehler einzugestehen und auch politisch klare Konsequenzen zu ziehen. Das hat nichts mit einem „Bauernopfer“ zu tun, sondern mit Wahrhaftigkeit.

Denn wie sonst ist es zu begreifen, dass man in einem politischen Amt schwerwiegende Fehler machen kann, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden.eine Affäre mit viel Schuld, Versäumnissen und vielen Schuldigen., aber vor allem einen für eine Bank nahezu tödliche Vertrauenskrise in die Seriosität ihrer Führung und ihrer Kontrollorgane.Da wurde eine Bank offensichtlich über Jahre zum Selbstbedienungsladen ihrer Vorstände, die sich neben satten Gehältern und etwas zu gut gemeinten DienstwagenKurt Biedenkopf hat mit seiner Aussage vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags gestern dazu Bedenkenswertes gesagt, was im politischen Geschäft der Gegenwart fast verloren zu sein scheint: Politische Verantwortung gibt es auch ohne Verschulden. Das mag widersinnig klingen. Denn warum sollte jemand Verantwortung übernehmen für Vorgänge, über die er nicht informiert worden sein will? Doch in der Politik gibt es andere Spielregeln. Wer sich einem Amt stellt – dafür wird er im Übrigen auch bezahlt – trägt auch die Verantwortung, wenn etwas schief läuft. Wer wie Finanzminister Horst Metz (CDU) als Verwaltungsratsvorsitzender über alle Vorgänge in der Landesbank informiert war, hätte bereits die Reißleine ziehen müssen, als die Bank und ihre Töchter auf die schiefe Ebene gerieten. Dass auch die Kontrollgremien der Bank offensichtlich über Jahre jämmerlich versagten, wirft die grundsätzliche Frage auf, ob unsere Steuergelder überhaupt jemals in der Landesbank sicher „angelegt“ waren. Das nicht vorhandene Krisenmanagement der Regierung in der Landesbank-Affäre stellt zudem ihre Handlungsfähigkeit an diesem Punkt infrage.

Letztlich wird Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU), der bis zuletzt versuchte, zwei gescheiterten Bank-Chefs einen ehrenhaften Ausstieg zu ermöglichen, die Affäre aus heutiger Sicht nicht zu Fall bringen. Aber sie wird weiter erheblich an seiner Autorität und Glaubwürdigkeit nagen. Denn Verantwortung zu übernehmen, bedeutet mehr als Schweigen und beharrliches Aussitzen einer Krise.Oder wurden sie etwa getäuscht oder – geschmeichelt durch die ehrenvolle Aufgabe – im unkritischen Schweigen- wie in der Geschichte von des Kaisers neuen Kleidern: Aus seinem Gefolge wagt niemand, Kritik zu äußern. Erst als ein kleines Mädchen mit dem Finger auf den nackten Kaiser zeigt, dem seine Hofschranzen glauben machen wollte, er sei in feinste Seide gehüllt.