Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 05.04.2007

CDU-Chefs verschrecken Dresdner Kulturbürgertum

Die Union verschärft den Ton – Mitglieder und Brückenbefürworter gehen auf Distanz.
 
"Arnold Vaatz benutzt zum Bleistiftspitzen gern eine Axt“, sagt Gunther Emmerlich. Auf seine Art kommentiert der Entertainer einen Leitartikel vom Dresdner Bundestagsabgeordneten, der im aktuellen CDU-Journal „Union“ erschienen ist und für Turbulenzen auch in seiner Partei sorgt. Unter dem Titel „Die totalitären Eliten“ hatte Vaatz jenen Medien, Künstlern und Politikern, die Gespräche zur Wahrung des Weltkulturerbe-Titels anregen, einen „Alleinvertretungsanspruch“ unterstellt, der „das Klima in der Stadt vergiftet“. Sie würden Respekt vor der Überzeugung des Anderen, Toleranz gegenüber dem abweichenden Geschmack des Anderen mit Füßen treten, eine neue Form der Inquisition schaffen.

Während die Chefs der Dresdner CDU-Ortsverbände Vaatz gestern den Rücken stärkten, er habe das „Ohr an der Basis“ und „zur rechten Zeit“ den Nagel auf den Kopf getroffen, kündigte erneut ein prominentes Parteimitglied seinen Austritt an – der deutschlandweit geschätzte Präsident der Akademie der Künste, Ingo Zimmermann. „Nach diesem Text und den Angriffen gegen mich, der immer für einen erbeverträglichen Kompromiss gerungen hat, sehe ich nach 40 Jahren der Mitgliedschaft keine Möglichkeit mehr, in der CDU etwas zu bewegen“, sagte Zimmermann. Tage zuvor war bereits der Intendant der Dresdner Musikfestspiele, Hartmut Haenchen, ausgetreten (SZ berichtete). Damit verliert die CDU in Kunstkreisen an Einfluss.

Groß war der ohnehin nicht, sagen Insider. „Wieder geht ein kompetenter und klug abwägender Kulturpolitiker“, so CDU-Mitglied und Trompeter Ludwig Güttler. Auch er wird von Vaatz angegriffen, lasse sich aber nicht provozieren: „Wir müssen weg vom Streit, um eine vertretbare Brücke zu erreichen.“

Ob Komponist Udo Zimmermann, ob Schauspieler Friedrich-Wilhelm Junge, ob Pianist Peter Rösel – die Mehrzahl der kulturpolitisch Engagierten der Stadt plädierte erneut für eine baulich elegante Elbquerung, die möglich sein müsse und könne. „Die Stadt lebt doch, da können wir nicht den Istzustand wie bei den Pyramiden konservieren“, sagte Junge, aber der gegenwärtige Ton sei völlig unangemessen. Bedenklich findet den Umgang auch Eckart Haupt, Musiker der Staatskapelle: „Wenn die CDU nun Arnold Vaatz zum Brückensprecher macht, verspielt sie ihren Anspruch, in Kulturfragen ernst genommen zu werden.“
Von Bernd Klempnow