Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 11.05.2007
Erich Iltgen nach NPD-Eklat unter Druck
Im Landtag wächst die Kritik am Arbeitsstil des Präsidenten, der bereits über 16 Jahre im Amt ist.
Nach den jüngsten Ausfällen des NPD-Fraktionsvorsitzenden Holger Apfel am Rednerpult des sächsischen Landtages hält die Kritik am Parlamentspräsidenten Erich Iltgen (CDU) unvermindert an. Der hatte zunächst nicht eingegriffen, als Apfel am Mittwoch Farbige als „arrogante Wohlstandsneger“ diffamierte und über sogenannte „staatsalimentierte orientalische Großfamilien“ herzog. Erst Stunden später erteilte Iltgen dem NPD-Fraktionschef für dessen Rede einen offiziellen Ordnungsruf.
Iltgen begründet sein Zögern mittlerweile damit, dass er den Tatbestand der Volksverhetzung während der Rede nicht zweifelsfrei hätte feststellen können. Das sei erst nach Durchsicht des stenografischen Protokolls möglich gewesen. Iltgen widersprach Vermutungen, er habe einen Großteil der Apfel-Rede nicht mitbekommen.
Genau das halten dem 66-Jährigen aber immer mehr Abgeordnete vor und zweifeln mittlerweile offen daran, ob Iltgen dem Präsidentenamt, das er seit 1990 ununterbrochen innehat, auf Dauer gewachsen ist. „Ich kann verstehen, dass es schwierig ist, dem akustisch und inhaltlich schwer verständlichen Stakkato Apfels zu folgen. Trotzdem erwarten wir, dass das Präsidium bei jeder Rede eines NPD-Abgeordneten hellwach ist. Da verbale Ausfälle bei NPD-Reden jederzeit zu erwarten sind, muss man den Ordnungsruf praktisch bereits auf den Lippen haben“, so FDP-Fraktionschef Holger Zastrow.
Zusätzlich sorgt Iltgen jetzt mit dem Hinweis für Unmut, die anderen Abgeordneten hätten während der Apfel-Rede „gar nicht“ reagiert. Empört verweisen viele Parlamentarier darauf, dass die Ausländerbeauftragte Friederike de Haas (CDU) im Anschluss an die Apfel-Rede unter Beifall im Plenum auf einen Ordnungsruf bestanden habe.
PDS-Fraktionschef Peter Porsch forderte Iltgen gestern auf, künftig konsequenter zu agieren. Die Linksfraktion hatte bereits vor Monaten bei ähnlichen Vorfällen einen Rücktritt Iltgens gefordert, den dieser ablehnt. „Die aktuellen Vorgänge zeigen aber, wie richtig diese Forderung war“, erklärte der parlamentarische PDS-Geschäftsführer André Hahn. Kritik an Iltgens jüngstem Verhalten übten auch Politiker aus anderen Bundesländern.
Von Gunnar Saft