Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 24.05.2007
Neue Vorwürfe in Aktenaffäre
Der Publizist Jürgen Roth verweist auf angebliche Sexpartys von Leipziger Rathaus-Politikern und auf Kindesmissbrauch.
Der Frankfurter Buchautor Jürgen Roth hat mit neuen Veröffentlichungen auf seiner Internetseite die Spekulationen über vermutete Verfehlungen sächsischer Politiker und Juristen angeheizt.
Roth verweist nun darauf, dass es in den Geheimakten des Verfassungsschutzes auch einen Vermerk über regelmäßige Sexpartys von Leipziger Rathaus-Politikern geben soll. „Höchste Verantwortliche der Stadtverwaltung Leipzig“, so seine kryptische Formulierung, sollen daran zwischen 1993 und 2005 teilgenommen haben. Zusätzlich heißt es: „Einer der Beteiligten sei inzwischen nach Berlin umgezogen.“ Diese Vorgaben treffen für eine Reihe von Personen zu. Viele von ihnen wechselten 2005 gemeinsam mit dem damaligen Leipziger Oberbürgermeister und heutigen Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) in die Hauptstadt. Tiefensee-Sprecher Dirk Inger sagte dazu der SZ: „Wir kommentieren solche abwegigen Gerüchte nicht. Es wäre gut, wenn die Akten, die offenbar bei einigen abstruse Hirngespinste hervorrufen, rasch an die Staatsanwaltschaft übergeben werden. Es wäre gut, wenn die Fakten auf den Tisch kommen.“
Staatsanwalt als Tippgeber?
Zusätzlich verweist Roth auch auf Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Leipzig. Die soll zwischen November 2001 und Februar 2002 Vorwürfe gegen drei Beschuldigte wegen vermuteten Kindesmissbrauchs geprüft haben. Dabei sei geplant gewesen, Telefonüberwachungen und Personenobservationen einzuleiten. Jedoch habe ein Staatsanwalt „aufgrund seiner guten Kontakte zu Leipziger Rechtsanwälten und Personen des Rotlichtmilieus“ die Verdächtigen über die geplanten Maßnahmen informieren lassen. Die Staatsanwaltschaft Leipzig erklärte gestern auf SZ-Anfrage, ihr seien bisher keine derartigen Ermittlungen in dem angegebenen Zeitraum bekannt. Man könne den Bericht von Jürgen Roth deshalb auch nicht bestätigen.
Notfalls beschlagnahmen
Generalstaatsanwalt Jörg Schwalm soll morgen Einsicht in die umstrittenen Geheimdiensterkenntnisse erhalten. Vorher will die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) auf ihrer Sitzung prüfen, ob der Verfassungsschutz tatsächlich umfassend über den ersten Fall von organisierter Kriminalität informiert. „Art und Umfang“ müssten dem Beschluss der PKK entsprechen, verlangte gestern der Fraktionsgeschäftsführer der Linkspartei André Hahn. Sollte der Verfassungsschutz die Justiz nicht ausreichend informieren, forderte Hahn die Staatsanwaltschaft auf, notfalls Akten zu beschlagnahmen, insofern sie für Ermittlungen notwendig seien.
Von Gunnar Saft, Peter Heimann und Thomas Schade