Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 16:26 Uhr, 25.05.2007

Ermittler am Start - Sachsens Generalstaatsanwalt erhält erste Geheimdienst-Dossiers in Korruptionsaffäre

Von Alessandro Peduto
 
Dresden (ddp-lsc). In der Affäre um angebliche Verbindungen sächsischer Politiker und Justizbeamter zum organisierten Verbrechen können die Staatsanwälte mit ihrer Ermittlungsarbeit beginnen. Der sächsische Generalstaatsanwalt Jörg Schwalm erhielt am Freitag in Dresden erste Informationen aus bislang geheimen Unterlagen des sächsischen Verfassungsschutzes. Zugleich soll das rund 20 Seiten umfassende Dossier mit Erkenntnissen des Geheimdienstes über organisiertes Verbrechen im Raum Leipzig seit Mitte der 90er Jahre auch der Generalbundesanwältin Monika Harms zur Verfügung gestellt werden. Die parlamentarische Kontrollkommission im sächsischen Landtag (PKK) schlug die zeitweilige Suspendierung verdächtiger Amtsträger vor.

Schwalm teilte mit, die übergebenen Unterlagen enthielten auch eine «knappe strafrechtliche Würdigung der Sachverhalte» aus Sicht des Geheimdienstes. Die Informationen würden an die Staatsanwaltschaft Dresden weitergegeben, wo ein vierköpfiges Team der Antikorruptionseinheit «Integrierte Ermittlungseinheit Sachsen» (INES) die Erkenntnisse prüfe. Unklar sei, wann sich gerichtsverwertbare Beweise aus den Unterlagen gewinnen ließen.

Innenministeriumssprecher Lothar Hofner betonte, es handle sich bei den übergebenen Unterlagen um Sachstandsberichte, auf deren Grundlage die Fahnder prüfen könnten, ob weitere Ermittlungen angezeigt sind und ob die Einsicht in die Originalakten des Verfassungsschutzes notwendig ist. In solch einem Fall sollen jedoch zuvor Quellen und Namen in den Dokumenten geschwärzt werden.

Nach Medienberichten reichen die in den Geheimakten enthaltenen Vorwürfe von Amtsmissbrauch, Kinderprostitution, Bandenkriminalität und Geldwäsche bis hin zu Verstrickungen höchster Kreise in zwei Morde und einen Mordversuch in Leipzigs Immobilienbranche.

Der PKK-Vorsitzende Gottfried Teubner (CDU), dessen Gremium für die Kontrolle des Geheimdienstes zuständig ist und das Material monatelang gesichtet hatte, sagte, eine «unverzügliche Übertragung von Erkenntnissen über strafrechtliche relevante Vorgänge» habe «absolute Priorität». Grund sei, dass in einigen Fällen eine Verjährung drohe. Die PKK erwarte von Schwalm, dass er das Bundeskriminalamt um Hilfe bei der Strafverfolgung ersucht. Zugleich rief Teubner Justizminister Geert Mackenroth und Innenminister Albrecht Buttolo (beide CDU) auf zu prüfen, ob eine zeitweilige Suspendierung der in den Geheimdienstakten geführten Personen notwendig ist.

Unterdessen reichte die Linksfraktion.PDS im Landtag ihren Antrag zur Einberufung einer Sondersitzung des Parlaments ein. Sie soll sich mit der «Aufklärung der persönlichen Verstrickung von Politikern, Richtern, Staatsanwälten und sonstigen Bediensteten der sächsischen Justiz, Polizei, Verwaltungs- und anderer Behörden in kriminellen Netzwerken» und mangelnden Kontrollmechanismen der Staatsregierung auseinandersetzen.

(Quellen: Generalstaatsanwaltschaft, PKK und Linksfraktion in Mitteilung; Hofner auf ddp-Anfrage)

ddp/ape/muc
251626 Mai 07