Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 17:14 Uhr, 01.06.2007

Aufklärer im Visier - In Korruptionsaffäre melden Hahn und Nolle Bedenken gegen Ermittler an

Justiz und CDU weisen Vorwürfe zurück
 
Dresden (ddp-lsc). In der Affäre um angebliche Verbindungen sächsischer Politiker und Justizbeamter zum organisierten Verbrechen ist ein Streit um die mit der Aufklärung befassten Staatsanwälte entbrannt. Am Freitag meldete neben der oppositionellen Linkspartei.PDS auch der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle Bedenken gegen die personelle Zusammensetzung des Ermittlungsteams an. Das Justizministerium und die CDU-Landtagsfraktion wiesen die Vorwürfe zurück.

Nach Angaben des Sprechers der Staatsanwaltschaft Dresden, Christian Avenarius, gehören neben dem leitenden Oberstaatsanwalt Henning Drecoll unter anderen dessen Vertreter Wolfgang Schwürzer sowie der Chef der sächsischen Anti-Korruptionseinheit INES, Rainer Aradei-Odenkirchen, zu dem Team.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Oppositionsfraktion, André Hahn, warf Justizminister Geert Mackenroth (CDU) vor, nach «völlig schleierhaften Kriterien» die Staatsanwälte ausgewählt zu haben, die sich mit den vor einer Woche vom Verfassungsschutz übergebenen und nach Medienberichten offenbar brisanten Unterlagen befassen.

Ministeriumssprecher Martin Marx wies darauf hin, dass es nicht Sache des Ministers, sondern des Ermittlungsführers gewesen sei, das Staatsanwaltsteam zusammenzustellen. Dies sei mit Drecoll «ein ausgewiesener Kenner der Strafverfolgung, der jahrelang organisierte Kriminalität in Bayern bekämpft hat». CDU-Fraktionsvize Frank Kupfer sprach von «unverschämten Unterstellungen» der Linksfraktion, der es offenbar nur darum gehe, die Justiz pauschal in Misskredit zu bringen.

Der SPD-Abgeordnete Nolle forderte unterdessen einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Ohne öffentlichen und parlamentarischen Druck würden die Vorwürfe «nie aufgeklärt». Die bisherigen Aktivitäten Mackenroths seien «durchschaubare

Placebo-Beruhigungspillen». Nolle bezweifelte, dass mit dem aus Baden-Württemberg nach Sachsen abgestellten Landgerichtspräsidenten Wolfgang Eißer ein wirklich unabhängiger Jurist bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft helfe.

Dessen Behauptung, dass er die in die Affäre involvierten Justizangehörigen nicht kenne, müsse kritisch hinterfragt werden. «Ein Großteil der sächsischen Justiz stammt doch aus

Baden-Württemberg. Eißer trifft hier seine alten Freunde wieder», sagte Nolle. Kupfer entgegnete, Eißer stehe «für konsequente Aufklärung ohne Ansehen der Personen».

Nolle warf dem INES-Chef Aradei-Odenkirchen und dem früheren Chemnitzer Oberstaatsanwalt Schwürzer eine «verdienstvolle Nähe zur Spitze des Justizministeriums» vor. Schwürzer habe sich 2005 als Ermittler gegen einen damaligen INES-Staatsanwalt «einen zweifelhaften Ruf verschafft», weil er damals «in enger Abstimmung mit dem Minister die rechtswidrige Erfassung von Telefondaten eines Journalisten» initiiert habe.

Auch Hahns Kritik entzündete sich wegen des Falls vor zwei Jahren an den Namen Schwürzer. Dies erhärte «die ohnehin vorhandenen massiven Zweifel am tatsächlichen Aufklärungswillen der Staatsregierung». Ministeriumssprecher Marx entgegnete, dass es «überhaupt keinen Zweifel an der Integrität und Kompetenz dieses Staatsanwalts» gebe. Avenarius sagte zu den Vorbehalten, dass der erwähnte Fall überhaupt nichts mit dem jetzigen Komplex zu tun habe. «Wir wollen unseren Job so gut und so schnell wie möglich machen», fügte er hinzu.

(Quellen: Nolle in ddp-Interview; Marx und Avenarius auf Anfrage; Hahn und Kupfer in Mitteilungen)
Von Tino Moritz

ddp/tmo/mwa
011714 Jun 07