Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, 01.06.2007

Chefermittler Drecoll gibt sich zur Korruptionsaffäre zugeknöpft

Das muss für heute genügen
 
Das war ein bühnenreifer Auftritt im Saal 708 unter dem Dach des Justizministeriums, doch der Neuigkeitswert der Aufführung hielt sich arg in Grenzen. Um 15.05 Uhr traten Justizminister Geert Mackenroth (CDU), Pressesprecher Martin Marx, der Leitende Dresdner Oberstaatsanwalt, Henning Drecoll, und der Präsident des Landgerichts Waldshut-Tiengen, Wolfgang Eißer, feierlich vor die Mikrofone. Doch zur Aufklärung der Öffentlichkeit in der Korruptionsaffäre trug das Quartett wenig bei.

Geert Mackenroth: Schwarze Schafe gehören nicht in den öffentlichen Dienst. Einzig der Name Eißers war bis dahin geheim gehalten worden. Der 57-jährige Jurist aus dem äußersten Süden Deutschlands, dessen Integrität laut Mackenroth über jeden Zweifel erhaben sei, solle der Dresdner Staatsanwaltschaft als „waches Auge“ zur Seite stehen und die Ermittlungen beobachten. Er wolle „rückhaltslose Aufklärung“ der Vorwürfe von Korruption und Amtsmissbrauch, die die sächsische Justiz einem pauschalen Verdacht aussetzen würden.

„Schwarze Schafe gehören nicht in den öffentlichen Dienst“, betonte Mackenroth. Er habe daher der Staatsanwaltschaft „jede für erforderlich erachtete Unterstützung zugesagt – natürlich im Rahmen der Möglichkeiten.“ Der aus Baden-Württemberg stammende Eißer sagte dazu, er sei nicht gekommen, „ um kluge und ungebetene Ratschläge zu erteilen“. Es sei aber manchmal hilfreich, wenn jemand, der die Beteiligten nicht kenne, „mit draufschaut und zuhört“.

Der Staatsanwaltschaft liegt bisher allerdings erst ein 40-seitiges Dossier des Verfassungsschutzes vor, in dem es um Amtsmissbrauch, Immobilienschiebereien, Kindesmissbrauch und kriminelle Netzwerke gehen soll, in die auch hochrangige Vertreter aus Justiz, Polizei und Politik verstrickt sein sollen. Gegen den früheren Leipziger Oberstaatsanwalt und heutigen Präsidenten des Chemnitzer Amtsgerichtes, Norbert Röger, läuft bereits ein Disziplinarverfahren. Um sich den Vorwurf der Mauscheleien zu ersparen, war eine Kopie des Geheimdienstdossiers auch an Generalbundesanwältin Monika Harms gegangen. Es bleibe nun Frau Harms überlassen, ob sie die Ermittlungen an sich ziehe, so Mackenroth.

Zum bisher fünfköpfigen Dresdner Ermittlerteam gehören nach Informationen der RUNDSCHAU neben dem Chef der Staatsanwaltschaft, Drecoll, auch der Leiter der Anti-Korruptionseinheit „Ines“, Rainer Aradei-Odenkirchen, und drei weitere führende Staatsanwälte. Drecoll zeigte sich jedoch zugeknöpft. „Wir prüfen, ob Verdachtsmomente vorliegen. Möglicherweise kommt viel Arbeit auf uns zu“, meinte Drecoll, ohne Details zu nennen. „Das muss für heute genügen.“ Nach 35 Minuten war der Auftritt daher beendet.

Die Reaktion der Opposition fiel scharf aus. Ein „Alibi-Aufklärer“ könne die Rechtsstaatskrise nicht bewältigen, meine Linkspartei-Rechtspolitiker Klaus Bartl. „Dubios und unzureichend“ sei das Agieren, jedes herausgehobene Verfahren werde konsequenter behandelt. Die „Vertrauenskrise“ verlange nach mehr Transparenz, forderte Grünen-Politiker Johannes Lichdi und FDP-Mann Jürgens Martens kritisierte, der Versuch, Aufklärungswillen zu zeigen, sei „kläglich gescheitert“. Der Minister müsse seine Informationspolitik dringend überdenken.
Von Sven Heitkamp