Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 07.06.2007

CDU-Abgeordneter mit scharfem Angriff auf de Maiziere

„Glatter Rechtsbruch" des Kanzleramtsministers
 
Dresden (DNN). Die Korruptions-Affäre um Verwicklungen von Politikern, hohen Justiz- und Polizeibeamten in kriminelle Netzwerke hat zu einem politischen Schlagabtausch auch in Sachsens CDU geführt. Gestern erhob der Chef der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) des Landtags, Gottfried Teubner (CDU), schwere Vorwürfe gegen Kanzleramtsminister Thomas de Maiziäre (CDU). Der Bundesminister habe die Vorschriften „nicht ganz für voll genommen", sagte Teubner dieser Zeitung, sein Handeln sei „glatter Rechtsbruch".

Grund für die barsche Attacke der PKK-Chefs gegen den renommierten Parteifreund im Kabinett Merkel ist dessen frühere Rolle in Sachsen. De Maiziere war bis Ende 2005 Innenminister im Freistaat und damit oberster Dienstherr des Landesamts für Verfassungsschutz. Nach Ansicht von Teubner war er damit laut Gesetz verpflichtet, die PKK über rechtstaatlich bedeutsame Hinweise zur Organisierten Kriminalität (OK) zu informieren. „Dies ist nicht geschehen", so Teubner. Gottfried Teubner: „Der Bundesminister hat die Vorschriften nicht ganz für voll „die genommen."

Ähnlich hatte bereits Stefan Brangs, PKK-Mitglied mit SPD-Parteibuch, in der Plenardebatte zur OK am Dienstag im Landtag argumentiert. Gestern legten SPD-Mann Karl Nolle und Klaus Bartl (Linksfraktion) nach. Nolle warf de Maiziere vor, er habe „vorsätzlichen Rechtsbruch begangen". Bartl kündigte an, der Kanzleramtschef solle als Zeuge im geplanten Untersuchungsausschuss aussagen. De Maiziere selbst hatte in einem MDR-Interview eingeräumt, in seiner Zeit in Sachsen von Vorwürfen zur Verstrickung von Politikern und Beamten mit der OK gewusst zu haben. Damals habe er entschieden, die staatsgefährdenden Komplexe weiter durch den Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Das habe sich mittlerweile als angemessen heraus gestellt.

Unterdessen gab es auch gestern im Landtag erhebliche Aufregung um die Rede von Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) vom Dienstag. Abgeordnete fast aller Fraktionen rieben sich verwundert die Augen wegen der dramatischen Worte des Ministers. Buttolo hatte gesagt,"die OK wird zurückschlagen." Alle jene,die aufklären wollten, müssten damit rechnen, verleumdet und eingeschüchtert zu werden. Das hatte auch bundesweit für erhebliches Aufsehen gesorgt.

Ein weiterer Streitpunkt ist die Tatsache, dass bereits ein Teil der brisanten Akten vernichtet worden ist. Das hatte die PKK mitgeteilt (DNN berichtete). Dabei soll es sich zwar um Kopien ohne Bedeutung für die aktuellen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft handelt. Kopfschütteln gab es dennoch im Landtag.

Darüber hinaus geht vor allem in der CDU die Sorge um, die Korruptions-Affäre könne die Landtagswahl 2009 verhageln. In böser Erinnerung ist der CDU dabei die hysterisch geführte Hartz-IV-Debatte im Sommer 2004. Trotz ursprünglicher guter Umfragewerte brach die Union in Sachsen in der Folge um Prozentpunkte im zweistelligen Bereich ein. Regierungschef Georg Milbradt (CDU) verlor die absolute Mehrheit und muss seitdem mit der SPD koalieren.
Von Jürgen Kochinke