Karl Nolle, MdL

Agenturen dpa, 17:17 Uhr, 11.06.2007

Neue Anschuldigungen und Dementi

 
Dresden (dpa/sn) - In der Affäre um Korruption und organisierte Kriminalität in Sachsen sind weitere Anschuldigungen aufgetaucht. Buchautor Jürgen Roth warf der Landesregierung am Montag in der «Sächsischen Zeitung» mangelnden Aufklärungswillen vor. Gegenüber Staatsanwälten habe Justizstaatssekretärin Gabriele Hauser gesagt, dass bei der Aufklärung «nicht viel rauskommen» werde. Das Justizministerium dementierte das. «Einen solchen Satz hat es nicht gegeben», sagte Ministeriumssprecher Martin Marx der dpa.

In Sachsen sorgen seit knapp vier Wochen fast täglich neue Vorwürfe gegen Richter, Staatsanwälte, Polizisten und hohe Politiker für Aufregung. Nach Medienberichten enthalten bislang geheime Verfassungsschutzakten Hinweise auf brisante Verbindungen von Justiz, Polizei und Politik zur organisierten Kriminalität. Erste Unterlagen waren in den vergangenen zwei Wochen an die Staatsanwaltschaft Dresden und in Kopie an die Generalbundesanwaltschaft übermittelt worden, die sich aber vorerst nicht mit der Affäre beschäftigen will.

Autor Roth erhob am Montag weitere Vorwürfe: So sei Regierungschef Georg Milbradt (CDU) im November 2006 durch einen Staatsanwalt über zwei Korruptionsfälle in der Justiz informiert worden. Danach sei jedoch nichts passiert, kritisierte er. Die Staatskanzlei widersprach dieser Darstellung: «Es ging nicht um organisierte Kriminalität und schon gar nicht um die Datensammlung des Verfassungsschutzes, sondern um ein angebliches Fehlverhalten eines Bediensteten im Zusammenhang mit einem Verkehrsdelikt», sagte Regierungssprecherin Katrin Träger.

Unterdessen sickerten offenbar Geheimakten an Medien durch. Dem ARD-Magazin «Fakt» liegen nach eigenen Aussagen «Auszüge» aus den Dokumenten vor. Am Montagabend wollte das Magazin im Ersten darüber berichten (21.45 Uhr).

Die Linkspartei im Landtag forderte Auskunft darüber, ob gegen einen Ex-Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Ermittlungen laufen. Roth hatte ihn im Zeitungsinterview als Beispiel für Beamte genannt, die sich selbst bereichert hätten. Die Linken verlangten - falls noch nicht geschehen - die unverzügliche Aufnahme von Ermittlungen.

Auch Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) steht als Ex- Innenminister von Sachsen in der Kritik, weil er die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) des Landtages nicht über die Erkenntnisse des Geheimdienstes informiert hatte. PKK-Chef Gottfried Teubner (CDU) hatte de Maizières Umgang mit den Akten als «glatten Rechtsbruch» bezeichnet. Bei der Staatsanwaltschaft Dresden liegt unterdessen eine Anzeige gegen de Maizière wegen Strafvereitelung im Amt vor. Sie stammt von einem Rechtsanwalt.

«Ich hab' da kein Problem und sehe der Sache ganz gelassen entgegen», sagte de Maizière am Montag im ARD-«Morgenmagazin». Es gehe um die Frage, wann er wie wen über seine Erkenntnisse als damaliger sächsischer Innenminister informiert habe. Schon zuvor hatte er Vorwürfe zurückweisen lassen, er könnte bei den kriminellen Netzwerken Gesetzesverstöße geduldet haben. Die «Erkenntnisdichte» des Verfassungsschutzes sei damals nicht ausreichend gewesen, um die PKK und die Ermittlungsbehörden zu informieren, hieß es damals.

Tatsächlich zeugt der entsprechende Passus im sächsischen Verfassungsschutzgesetz von Ermessensspielraum. Nach Paragraf 17 hat der Innenminister die PKK «umfassend über die allgemeine Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz und über die Vorgänge von besonderer Bedeutung» zu informieren.

dpa bk/hg/su yysn z2 ev
111717 Jun 07