Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 27.06.2007

Akten-Affäre wird zum Zeitzünder für Koalition

SPD-Chef Thomas Jurk droht mit dem Ende des Regierungsbündnisses – die CDU wiegelt ab.
 
Dresden. Die Regierungskoalition von CDU und SPD steuert auf ihre bisher schwerste Krise zu. Vize-Präsident und SPD-Landeschef Thomas Jurk drohte gestern offen mit dem Bruch des Bündnisses, wenn es zu weiteren Pannen bei der Aufklärung der Korruptionsaffäre kommen sollte. „Wir befürchten, dass die Aufklärungsarbeit nicht glaubwürdig und schnell genug vorangetrieben wird“, sagte Jurk gestern Abend nach einer Sondersitzung des SPD-Präsidiums. „Wir sind kein Bündnis für Vertuschung.“ Die SPD werde so schnell wie möglich einen Koalitionsausschuss einberufen, um mit der CDU zu sprechen.

Jurks Forderungen an die CDU-Regierungsseite: Sie müsse Sonderermittler aus anderen Bundesländern hinzuziehen, ein professionelles Krisenmanagement entwickeln, die SPD-Seite umfassender über das weitere Vorgehen informieren und das von der SPD vorgeschlagene Antikorruptionsregister unterstützen. „Wenn all das nicht geschieht und weitere Pannen passieren, dann sehen wir die Koalition ernsthaft gefährdet.“ Für viele SPD-Mitglieder sei der „Schmerzpunkt längst erreicht“, so Jurk. Die Genossen setzen dem SPD-Chef offensichtlich seit Wochen schwer zu, sich in der Aktenaffäre endlich von der CDU abzusetzen.

Die von CDU-Fraktionschef Fritz Hähle vorgeschlagene Verfassungsänderung zur besseren Beobachtung der Organisierten Kriminalität sei nur ein Ablenkungsmanöver. Bei der geplanten Einsetzung eines Untersuchungsausschusses des Landtags sicherte Jurk jedoch Koalitionsdisziplin zu. Ein solcher Ausschuss sei ein „Instrument der Opposition“, die Koalition werde sich bei der Abstimmung im Landtag enthalten.

Doch die SPD stößt mit ihrer Kritik bei der CDU auf taube Ohren. So hat Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) nicht vor, seine Informationspolitik gegenüber dem Koalitionspartner zu verbessern. „Ich sehe hier keine Defizite“, sagte er auf SZ-Anfrage. CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer wies die SPD-Attacken als Profilierungsversuche zurück und ätzte scharf nach: „Man zeigt seine Regierungsfähigkeit nicht dadurch, dass man bei vermeintlichen Problemen eine Pressekonferenz gibt. Souverän ist, wer handelt und Ergebnisse erzielt.“
Von Annette Binninger