Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 30.06.2007

OK-Affäre: SPD-Fraktionsvize Brangs greift De Maizière an

 
Dresden. Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) gerät in der sächsischen Korruptionsaffäre erneut unter Druck. Nachdem der Chef der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK), de Maizières Parteifreund Gottfried Teubner, der rechten Hand von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor drei Wochen „glatten Rechtsbruch“ vorgeworfen hatte, legte gestern Sachsens SPD-Fraktionsvize Stefan Brangs nach. Es liege auf der Hand, dass de Maizière 2005 als Innenminister Erkenntnisse des Verfassungsschutzes über Straftaten gehabt habe, sagte Brangs gestern dieser Zeitung. Diese Erkenntnisse habe er aber nicht an die zuständigen Ermittler weiter geleitet.

Laut Brangs ergibt sich daraus der Verdacht der Strafvereitelung im Amt. Der SPD-Abgeordnete forderte den Kanzleramtsminister auf, sich „umgehend gegenüber dem sächsischen Landtag zu erklären“. „Wenn er schweigt, muss er von seiner Funktion als Geheimdienstkoordinator entbunden werden“, so Brangs. Ähnlich äußerten sich Sachsens Grüne. „Der Kanzleramtsminister kann sich nicht weiter wegducken“, sagte Rechtspolitiker Johannes Lichdi. Sollte er die Vorwürfe nicht zurückweisen können, müsse de Maizière die Geheimdienstkoordination auf Bundesebene ruhen lassen.

Der Kanzleramtsminister hatte vor Wochen in einem Interview eingeräumt, in seiner Zeit in Sachsen von Vorwürfen zur Verstrickung von Politikern und Beamten in die Organisierte Kriminalität (OK) gewusst zu haben. Damals habe er entschieden, die staatsgefährdenden Aktivitäten weiter durch den Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Das habe sich als angemessen herausgestellt. De Maizière hatte aber weder die PKK noch Staatsanwaltschaft oder Polizei eingeschaltet.

Gleichzeitig forderte Brangs gestern, die Rechte der PKK zu stärken. Das Kontrollgremium müsse personell aufgestockt werden und die Möglichkeit erhalten, Akten selbstständig einzusehen. Der sächsische Verfassungsschutz müsse als eigenständige Behörde aufgelöst und als Abteilung in das Innenministerium eingegliedert werden. Die jetzt bekannt gewordenen Fälle von Aktenvernichtung zeigten, dass der Geheimdienst in seiner derzeitigen Struktur ein „Staat im Staate“ und nicht kontrollierbar sei.
Jürgen Kochinke