Karl Nolle, MdL
Dresdner Morgenpost, 30.06.2007
"Regierung hat die Dinge anscheinend nicht im Griff"
TU-Politik-Professor Patzelt über politische Fehler in der Akten-Affäre
DRESDEN - Beinahe täglich neue Pannen in der Akten-Affäre: Wir sprachen mit Politik-Professor Werner J. Patzelt (TU Dresden) über Fehler der Regierung und was jetzt zu tun ist.
Morgenpost: Herr Patzelt, läuft der Regierung die Affäre aus dem Ruder?
Werner Patzelt: Die Steuerung der Affäre ist nicht gut gelungen. So mancher dürfte den Eindruck haben, Sachsen werde unzulänglich regiert. Die Regierung hat die Dinge anscheinend nicht im Griff. Unklar ist, warum: Wird etwas unter dem Deckel gehalten-oder liegt es am mangelnden guten Willen oder am fehlenden Können nachgeordneter Behörden?
Vor allem - Innenminister Albrecht Buttolo, aber auch Justizminister Geert Mackenroth werden heftig kritisiert. Zu Recht?
Der Innenminister gibt kein gutes Bild ab. Er müsste schon als Staatssekretär viel von diesen Vorgängen gewusst haben. Und wenn er wirklich nicht ausreichend informiert war oder ist, dann hat er sein Haus nicht im Griff. Der Justizminister müsste für zügige Aufklärung sorgen -und das erfolgt auch nicht so tatkräftig, wie man es sich wünscht.
Der Ministerpräsident verhält sich bisher auffallend still. Sollte er nicht endlich eingreifen?
In einer unübersichtlichen Lage ist es nicht verkehrt, die Aufklärung zunächst den Fachministern zu überlassen. Klappt das nicht, muss der Ministerpräsident gewiss entscheiden, ob er sie im Amt belässt. Georg Miibradt würde dann Schaden nehmen, wenn der Eindruck entsteht, dass er an Ministern festhält, die fortgesetzt unzulänglich handeln.
Wie gefährlich ist die Affäre für die Koalition? Die SPD droht auszusteigen, sollte das Krisenmanagement so bleiben.
Die SPD fühlt sich vom Koalitionspartner schlecht behandelt oder will von dessen Problemen profitieren. Doch dabei agiert sie unglücklich. Als Regierungspartei kann ich doch sinnvoll nur dann mit dem Ausstieg aus der Koalition drohen, wenn ich eine tragfähige Alternative habe! Die gibt es aber für die SPD nicht. Also handelt sie wenig überzeugend.
Interview: Stefan Locke