Karl Nolle, MdL

Agenturen, dpa/sn, 19:23 Uhr, 02.07.2007

Korruptionsaffäre: Streit um U-Ausschuss - Milbradt in Kritik

 
Dresden (dpa/sn) - Der politische Streit um die Aufklärung des sächsischen Korruptionsskandal wird schärfer. Am Montag bahnte sich eine Auseinandersetzung um die Einsetzung des von der Opposition beantragten Untersuchungsausschusses an. Vertreter der Koalition bezweifeln die Verfassungsmäßigkeit des Gremiums. Damit könnte sich die Einsetzung des Ausschusses bis nach der parlamentarischen Sommerpause verzögern. Linksfraktion, FDP und Grüne warfen der Koalition mangelnden Aufklärungswillen vor. Zudem geriet Regierungschef Georg Milbradt (CDU) wegen abfälliger Äußerungen über den Ausschuss unter heftigen Beschuss.

Der Vize-Fraktionsvorsitzende der CDU, Frank Kupfer, sagte, für die im Raum stehenden Vorwürfe rund um die Affäre seien Staatsanwälte und gegebenenfalls Gerichte zuständig. Die Koalitionsfraktionen wollen an diesem Dienstag über ihr Vorgehen beraten. Möglich wäre, dass der Landtag dann am Mittwoch nicht wie geplant über die Einsetzung des gemeinsam von Linksfraktion, FDP und Grünen eingereichten Antrages zur Einsetzung des Ausschusses abstimmt, sondern der Vorgang zur Prüfung an den Verfassungs- und Rechtsausschuss geht. Das könnte der Landtag mit der Mehrheit der Stimmen von CDU und SPD beschließen.

Hintergrund ist die Affäre um Akten des Verfassungsschutzes, die Verstrickungen von Justiz, Politik und Polizei in kriminelle Netzwerke belegen sollen. Der Ausschuss soll nach dem Willen der Opposition die «Verantwortung der Staatsregierung für schwerwiegende Mängel» bei der Aufdeckung mutmaßlicher krimineller Netzwerke durchleuchten. Detailfragen befassen sich mit konkreten Vorwürfen wie Vorgängen in einem Kinderbordell oder einem angeblichen Auftragsmord in Leipzig. Ein Teil der Akten wurde inzwischen der Staatsanwaltschaft übergeben, die jetzt ermittelt. Hier könnten sich Konflikte zur Tätigkeit des Ausschusses ergeben, weil ein laufender Vorgang kontrolliert werden solle, hieß es aus Expertenkreisen.

Der Grüne Innenexperte Johannes Lichdi forderte die CDU-Fraktion auf, mit offenen Karten zu spielen: «Wenn die CDU Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Ausschusses hat, dann soll sie diese vorbringen und keine Nebelkerzen werfen. Dazu sind die Hintergründe viel zu ernst.» Am Umgang mit dem Antrag werde sich schnell erweisen, «wer an Aufklärung interessiert ist, und wer der Arbeit des Ausschusses Steine in den Weg legen will.» Auch die Linksfraktion verlangte genaue Erklärungen zu den Zweifeln der Koalitionsfraktionen. «Der Vorgang ist blanke Verzögerungstaktik», sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, André Hahn.

Vertreter der Opposition warfen dem Ministerpräsidenten zudem Missachtung des Parlaments und eine verfehlte Einschätzung der Lage vor. Milbradt hatte in einem Interview mit der in Chemnitz erscheinenden «Freien Presse» erklärt, bei dem von der Opposition beantragen Ausschuss gehe es «vorrangig um Klamauk und nicht um Aufklärung». Milbradt offenbare das «Biedenkopf-Syndrom» und absolutistisches Gebaren, spielte der Grünen-Innenexperte Johannes Lichdi auf den früheren Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (CDU) an. Milbradt leide an «Wahrnehmungsstörungen», sagte der FDP- Rechtspolitiker Jürgen Martens.

An diesem Dienstag will Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) einen Bericht über mögliche Missstände beim Verfassungsschutz vorlegen. Hintergrund sind die beim Geheimdienst vernichteten Kopien von Strafakten, die zur Beobachtung der Organisierten Kriminalität ausgewertet wurden. Zudem sollen Prüfteams mit externen Experten die Arbeit des Geheimdienstes und der Polizei untersuchen, kündigte Buttolo an. Deren Bericht mit Vorschlägen für Konsequenzen solle bis September vorliegen. Die Linksfraktion forderte, dass auch die Arbeit der Staatsanwaltschaft federführend von externen Ermittlern übernommen wird.

dpa st/hü yysn z2 iki
021923 Jul 07