Karl Nolle, MdL

Süddeutsche Zeitung, 05.07.2007

Landtagsausschuss vereitelt

Milbradt: Opposition wirft in Sachsen-Affäre mit Schmutz
 
Dresden - Zur "Aktenaffäre" um den sächsischen Verfassungsschutz, die seit Wochen für Schlagzeilen im Freistaat sorgt, wird vorerst kein Untersuchungsausschuss im Dresdner Landtag eingesetzt. Ein Antrag der Oppositionsfraktionen wurde am Donnerstag von Vertretern der regierenden Parteien CDU und SPD mit Hinweis aus verfassungsrechtliche Bedenken abgelehnt. Stattdessen verwiesen die Parlamentarier den Antrag in den Verfassungs- und Rechtsausschuss des Landtages, wo die Rechtmäßigkeit der Untersuchungsfragen zunächst durch ein Gutachten geprüft werden soll. Der in Sachsen bisher einmaligen Zurückweisung eines Untersuchungsausschusses ging eine dreistündige heftige Debatte voraus, in der Regierungschef Georg Milbradt Oppositionspolitikern vorwarf, dass sie "den Freistaat seit Wochen mit Schmutz bewerfen".

Schon aus dem Thema des Ausschussantrags wird nach Ansicht von Milbradt deutlich, dass er "eine Vorverurteilung der Regierung beinhaltet". Die Opposition warf der Regierung Verzögerungstaktik vor: Seit Tagen sei der Antrag "im Geschäftsgang" des Parlaments, betonte der FDP-Abgeordnete Jürgen Martens. Obwohl genügend Zeit gewesen wäre, habe man "schriftlich keine Bedenken dagegen vorgebracht". Er warf den Regierungsfraktionen vor, die Methode "Haltet den Dieb" zu verfolgen und mit düsteren Vorwürfen zu operieren, die sich bei Licht besehen in nichts auflösten.

Am Donnerstag voriger Woche hatten FDP, Grüne und Linksfraktion gemeinsam den Antrag auf einen Untersuchungsausschuss eingebracht. In dem Gremium sollte es um die Klärung der "Verantwortung der Staatsregierung für schwerwiegende Mängel bei der Aufdeckung, Verfolgung und Bekämpfung krimineller und korruptiver Netzwerke" in Sachsen gehen. Dem Untersuchungsauftrag beigefügt war ein langer Themenkatalog, in welchem neben vielem anderen auch nach den möglichen Hintergründen von Maßnahmen gegen den Leipziger Kripobeamten Georg Wehling gefragt wird. Auch sollte der jeweilige Kenntnisstand der Mitglieder der Landesregierung über die von den Verfassungsschützern gesammelten Daten erkundet werden.

In der Kritik stehen vor allem der einstige sächsische Innenminister und heutige Kanzleramtsminister Thomas De Maizière sowie sein Nachfolger Albrecht Buttolo, der in den letzten Wochen zahlreiche Pannen zu verantworten hatte. Milbradt stellte sich demonstrativ vor Buttolo und griff den Abgeordneten der Linksfraktion Klaus Bartl, der Vorsitzender des Ausschusses werden sollte, frontal an: Der einstige DDR-Staatsanwalt sei "gänzlich ungeeignet" für das Amt.
Von Christiane Kohl