Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 07.07.2007
Explosive Flaschen
Sächsisch betrachtet von Gunnar Saft
HABEN unsere Politiker eigentlich noch Ideale? In der Chefetage der Lichtenauer Mineralquellen GmbH hat man bei dem Punkt offenbar erhebliche Zweifel, weshalb die Sprudel-Firma jetzt eine ungewöhnliche Werbeaktion startete. Am Donnerstag ließ sie den 124 sächsischen Landtagsabgeordneten jeweils einen blauen Geschenkkarton zukommen. Der Inhalt: drei Flaschen Wasser. Dazu gab es auf edlem Papier den flotten Spruch „Neue Ideale braucht das Land“. Mit den Getränken, so teilte die Firma mit, wolle man den Politikern über trockene Sitzungen hinweghelfen. Zudem fördere das darin enthaltene Magnesium und Natrium das Nachdenken. Eine sehr zweideutige Botschaft. Ein Landtagsmitarbeiter, der die Getränkeübergabe beobachtete, kommentierte noch drastischer. „Da kommen die Flaschen für die Flaschen.“
DOCH den Vorwurf, nur faul im Parlament zu sitzen und keine ordentliche Arbeit abzuliefern, will natürlich nicht jeder Politiker auf sich sitzen lassen. Um zu beweisen, dass er selbst immer engagiert und konzentriert an seine Aufgaben herangeht, wählte SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss am Mittwoch einen drastischen Vergleich. Der Professor für Theoretische Chemie kanzelte während einer Debatte den seiner Meinung nach schludrig agierenden PDS-Kollegen Klaus Bartl mit folgendem Satz ab: „Wenn ich als Chemiker jemals so schlecht gearbeitet hätte wie Sie als Jurist, würde ich längst an der Decke kleben.“ Rums! Dem derart Gescholtenen dürften die Ohren einen Moment lang gedröhnt haben.
EINEN Knaller bieten uns in der nächsten Woche auch die 54 Mitglieder der CDU-Fraktion. Die wollen dann für vier Tage zum Urlaub, ähh... zu einer Dienstreise nach Österreich aufbrechen. Auf der Liste der touristischen Sehenswürdigkeiten, die sie bei dem offiziell als „Fraktionsklausur“ bezeichneten Ausflug abarbeiten werden, stehen neben Wien auch das idyllische St.Pölten und das weltberühmte Benediktinerkloster Melk. Weil dabei die Arbeit offensichtlich viel zu kurz kommt, wollte man die Spritztour auf Steuerzahlerkosten auch geheim halten. Keine Pressemitteilung, keine Vorabmeldung, nichts als Schweigen. Nun aber stecken die Reiseteilnehmer in der Klemme: Wie begründe ich die Tour vor meinen Wählern? Ich meine, die CDU-Politiker hätten das Lichtenauer Wasser mit Natrium früher trinken müssen. Dann wäre das alles gar nicht passiert.