Karl Nolle, MdL

Dresden, Plenarsaal im Sächsischen Landtag, 11.11.1999

Zur Sächsischen Energiepolitik

Rede zu einem Antrag der PDS
 
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete

Der Robin Hood aller Ostdeutschen ist wieder unterwegs ... hoch zu Ross - mit Pfeil und Bogen ... und er streitet für alle Schutzbedürftigen ...

- die Bewohner von Heuersdorf,
- die Kohlekumpel der LAUBAG,
- die Mitarbeiter der VEAG,
- die Windmüller,
- die Solarstromer ...
- die Gaskraftwärmekoppler
und natürlich
- die vielen Verbraucher

Wer den Sinn dieser Fabel versteht, der hat letztendlich sowohl die Komplexität des Themas, wie auch die Naivität der Antragsteller begriffen. Dieser Antrag kommt Jahre zu spät.

Gestatten sie mir bitte eingangs einen Schnelldurchlauf durch die Energiepolitik der 90er-Jahre:

Am Anfang stand ... wie immer ... das Paradies ... mit wunderschönen
Einflussgebieten für die Energieunternehmen:

- mit goldenen Netzen
- mit unendlich viel Geld für neue
Kraftwerke ...

nur wäre das Paradies kein Paradies, gäbe es darin keinen Sündenfall ...

Der bestand im vorliegenden Fall in der Zuteilung von Strom zu derart hohen Monopolpreisen, dass die Existenz ganzer Wirtschaftszweige am Standort Deutschland bedroht war.

Eine sehr frei interpretierbare EU-Richtlinie bildete den Anlass, dass uralte Energiewirtschaftsgesetz gründlich zu überarbeiten ...

In Verantwortung der Regierung Kohl entstand die marktliberalste Gesetzgebung im gesamten EU-Raum.

Die seinerzeitige SPD-Opposition hingegen war es, die damals frühzeitig vor den unübersehbaren Folgen einer allzu hastigen Liberalisierung des Marktes warnte und der Kohlregierung 1997 einen eigenen Gesetzesentwurf entgegenstellte.

Mit Freude haben wir bei der Lektüre des PDS-Antrages festgestellt, dass dieser vollinhaltlich ... in einigen Passagen fast wörtlich ... auf diesen 97-er SPD-Entwurf zurückgreift ...

- bundeseinheitliche Quotenregelung, - - Vorrangregelungen,
- Regulierungsbehörde, etc. ...

Womit wir heute unbesehen zustimmen könnten ...

Nein - das können wir leider nicht!

Die seither ins Land gegangenen über 2 Jahre haben den Energiemarkt nämlich völlig verändert ... in einem Tempo, welches weder Befürworter noch Kritiker für möglich gehalten hätten.

Süffisant in diesem Zusammenhang anzumerken, dass dem sächsischen Wirtschaftsminister Schommer das Gesetz seinerzeit immer noch nicht marktliberal genug war ... .

Die Entwicklung auf dem Energiemarkt ist also von einer derart großen Eigendynamik gekennzeichnet, dass ein zurückrudern ein hoffnungsloses Unterfangen wäre.

Aber es gibt eine Menge an Nachbesserungsbedarf .

Und das hat, wohlgemerkt, diesmal nicht die rotgrüne Bundesregierung zu verantworten.

Bundeswirtschaftsminister, Kraftwerksbetreiber, EVU´s, ÖTV ... sie alle haben jetzt eine Auszeit vereinbart, um in Ruhe Modelle durchzurechnen, die in der Endkonsequenz alle auf die Quadratur des Kreises hinauslaufen.

Gilt es doch extrem widersprüchliche Interessenlagen unter einen Hut zu bringen:

- der Grundlasterzeuger
- der Stadtwerke
- der Kraft-Wärme-Koppler
- der Erzeuger regenerativer Energien
- der Braunkohleindustrie ...
- und nicht zuletzt die der Verbraucher.

Die von der Entwicklung überholten Thesen der PDS helfen uns bei der Lösung dieses gordischen Knotens nicht weiter.

So muss die Braunkohleschutzklausel nicht abgeschafft werden ... sie ist durch die normative Kraft des Faktischen längst abgeschafft und soll jetzt durch eine Einigung zwischen der VEAG und ihren Gesellschaftern
ersetzt werden.

Das Ziel der laufenden Verhandlungen besteht darin, die Braunkohleverstromung und somit viele Arbeitsplätze in zumeist strukturschwachen Gebieten der neuen Länder langfristig zu sichern und die VEAG in ihrer Gesamtheit marktfähig zu machen.

Das Unternehmen ist übrigens keinesfalls der lahmende Gaul, als der er in letzter Zeit häufig in den Medien dargestellt wurde ...
- sondern eher ein schlafender Goldesel. Die Substanz des Unternehmens ist supermodern und hoch leistungsfähig -

Dieses Bild wird derzeit lediglich durch die extrem hohen Abschreibungen gestört ... deshalb der Wille, schnell eine Einigung zu erzielen.

Zum Thema erneuerbare Energien wäre zu sagen, dass die Berliner Koalition im November ein neues Stromeinspeisegesetz für diese zukunftsträchtigen Energieformen vorlegen wird.

Ich mache mir da überhaupt keine Sorgen um die Zukunft dieser innovativen Branche.

Neue Aufsichtsbehörden brauchen wir keine - meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der PDS - die existieren bereits ... in Form der Kartellämter ... und um niedrige Strompreise müssen sie sich schon gar keine Sorgen machen, für die sorgt allein der Wettbewerb im Interesse der Verbraucher.

Um auf die Eingangsfabel zurückzukommen:

Kämpfen sie weiter für das gute und schöne in dieser Welt ...

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der PDS.

Passen sie aber auf, das sie Ihre verschossenen Pfeile in der Dunkelheit wiederfinden.