Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 10.07.2007

SPD verliert Funktionär an die Linkspartei

Leo Stefan Schmitt, der Geschäftsführer der SPD-Fraktion in Sachsen, wechselt jetzt zur PDS.
 
Nach 35 Jahren in der SPD war für Leo Stefan Schmitt am Sonntag Schluss. Der 55-Jährige verfasste für seinen Parteivorstand eine Austrittserklärung und kündigte gleichzeitig an, er werde künftig in die Linkspartei eintreten. Eine Personalrochade mit politischem Zündstoff.

Schmitt, der nach 19 Jahren als Abgeordneter im Saarland 2000 nach Sachsen kam, ist kein Allerweltsmitglied. Sieben Jahre arbeitete er in Dresden für die SPD-Landtagsfraktion als Geschäftsführer. Er kannte alle Probleme von Fraktion und Partei, war Strippenzieher, Berater und wichtiger Entscheidungsträger. Wenn Genossen wie er enttäuscht das Handtuch werfen, kommt das nicht von ungefähr.

„Die SPD ist von innen nicht mehr reformierbar“, zieht Schmitt gegenüber der SZ sein persönliches Fazit. Die Volkspartei habe keine Politik mehr fürs Volk gemacht. Er nennt die Hartz-IV-Gesetze, den Streit um einen Mindestlohn, aber auch die Entsendung der Bundeswehr ins Ausland. Speziell in Sachsen, wo er erlebte, wie sich die SPD zwischen Koalitionszwang und eigenen Ansprüchen zerreibt, habe es auch atmosphärische Probleme in der Partei gegeben. Unzufriedenen Genossen rät er, es ihm gleichzutun. „In der Linkspartei kann man einfach mehr bewegen.“

Sein Wechsel sorgt für ein geteiltes Echo. Während die PDS den Neuzugang als „klugen Kopf, der die Sorgen der Menschen ernst nimmt“ lobt, fallen bei Schmitts Ex-Genossen harte Worte. „Die Art und Weise hat mich politisch und menschlich enttäuscht“, erklärt Martin Dulig, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion und ein langjähriger Weggefährte. Bis zuletzt habe man Schmitt beigestanden. Gedankt habe man es nicht bekommen, im Gegenteil.

Die SPD wird auch nicht müde, auf einen besonderen Umstand zu verweisen. Da Schmitt mit dem Austritt exakt bis zum 55. Geburtstag am Sonntag gewartetet habe, profitiere er künftig von üppigen Pensionszahlungen aus der Landtagstätigkeit im Saarland. Von monatlich rund 3000 Euro ist die Rede.

In der Partei gibt es aber nachdenkliche Stimmen. „So ein Schritt käme für mich nur infrage, wenn die SPD künftig partout nicht wieder eine sozialdemokratische Partei werden würde“, sagt der Landtagsabgeordnete Karl Nolle und verweist damit darauf, wo viele Mitglieder der Schuh drückt. Im Fall der Sachsen-SPD, die am Sonnabend einen außerordentlichen Parteitag abhält, gibt es sogar recht schnell die Chance zum Kurswechsel. Nur ist Ex-Funktionär Schmitt dann schon weit weg. Der neue PDS-Genosse fährt jetzt für drei Wochen nach Südfrankreich. Erst einmal Urlaub machen.
Von Gunnar Saft