Karl Nolle, MdL

Freie Presse, 10.07.2007

Lafontaine-Fan wechselt das Lager

SPD verliert Landtagsmitarbeiter — Saarländer enttäuscht sächsische Genossen — Nolle warnt vor Kettenreaktion
 
Dresden. Die Information über den Parteiwechsel hatte der ehemalige SPD-Geschäftsführer im sächsischen Landtag auch seinem Fraktionschef vorenthalten. "Enttäuscht" und „kalt getroffen" fühlte sich Cornelius Weiss, als er gestern die Nachricht vorn Übertritt Leo Stefan Schmitts in die Linkspartei erfuhr.

Weiss hatte sich zuvor für eine halbjährige Verlängerung des regulär im Sommer auslaufenden Vertrages von Schmitt stark gemacht. Danach, so streute Schmitt (55), wollte er seine stattliche Pension als Polizeibeamter und langjähriger saarländischer Landtagsabgeordneter genießen und als Hobbysegler die Welt umrunden.

Über seine Unzufriedenheit mit dem Kurs der SPD hatte der öffentlich kaum in Erscheinung getretene Fraktionsgeschäftsführer nie einen Hehl gemacht. Inhaltlich teilte er die verbale Radikalität der Politik Lafontaines, dem er aus langer gemeinsamer Zeit im Saarland auch persönlich stets verbunden blieb. Dem Kurs der sächsischen SPD in der Koalition mit der CDU stand erebenso ablehnend gegenüber wie vielen ihrer Repräsentanten.

Mit der West-Ausdehnung der bisherigen PDS mit Hilfe der WASG zur Linkspartei findet Schmitt auch politisch ein neues Sprungbrett, wahrscheinlich für die Landtagswahl 2009 im Saarland. „In der Linkspartei stelle ich mir meine politische Heimat vor, die ich in der SPD gesucht und früher einmal gefunden hatte", sagte er gestern in Berlin.

Am Donnerstag will Schmitt seinen Aufnahmeantrag bei Lafontaine stellen; am Sonntag war er nach 35-jähriger Mitgliedschaft aus der SPD ausgetreten. Der Überläufer solle den Aufbau West unterstützen, äußerte Bundesvorstandsmitglied Ulrich Maurer seine Erwartung. Die Linke vertrete inzwischen Werte, die die SPD einst gehabt habe, sagte Ex-Sozialdemokrat Maurer.

Während Sachsens Linke den Wechsel feierten, fiel die Reaktion bei der SPD ernüchtert aus. „Politisch und menschlich enttäuscht" zeigte sich Martin Dulig, parlamentarischer Geschäftsführer der Landtagsfraktion. Dulig trat Vorhaltungen Schmitts entgegen, sein Wechsel stehe mit einer zögerlichen Haltung der SPD zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Zusammenhang. Das sei lediglich ein Vorwand. Er hoffe, dass sich nach Schmitts Abgang die Stimmung in der Fraktion bessere.

Als kommissarischen Nachfolger hat die Fraktion Kai Kerkhoff bestimmt. Verständnis für Schmittzeigt der SPD-Politiker Karl Nolle: „Schröder und Co. haben mit ihren neoliberalen Verirrungen die SPD-Seele auf den Hund gebracht." Die Folge seien Millionen verlorener Wähler und hunderttausende Austritte. „Diese Heerscharen von Enttäuschten sind das Potenzial für die kommenden Fischzüge der Linken", so Nolle.
Von Hubert Kemper