Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 17.07.2007

„Die Hysterie ist gewichen"

CDU-Vize Steffen Flath über die Krise in der Koalition und die Aufarbeitung der Affäre
 
Dresden. Die Koalition wird nicht platzen, die Staatskrise hat nicht stattgefunden: Beruhigende Worte in aufgeheiztem Klima von CDU landesvize und Kultusminister Steffen Flath. Doch an die Adresse der SPD richtet er kritische Töne –vor allem in ihre Hochburg Leipzig. Mit Flath sprach Hubert Kemper.

Freie Presse: Die Koalition taumelt von einer Krise in die nächste. Wie groß sind noch die Schnittmengen zwischen CDU und SPD?

Steffen Flath: Die Koalition war bisher erfolgreich. Sachsen steht vergleichsweise gut da. Wir sollten nicht jede Meinungsverschiedenheit zur Krise aufblähen.

Freie Presse: Die SPD will unter allen Umständen einen Untersuchungsausschuss zulassen. Provoziert sie damit den Bruch der Koalition?

Flath: Einen Untersuchungsausschuss einzusetzen ist das Recht der Opposition. Einen Bruch der Koalition provoziert, wer gegen den Koalitionsvertrag verstößt. Darin verpflichten sich beide Seiten, den anderen Partner nicht vorzuführen.

Freie Presse: Hat der SPD-Parteitag den Parteichef und Wirtschaftsminister Jurk in eine gefährliche Lage manövriert, indem dieser den Ausschuss unter Umständen durchwinken soll?

Flath: Jurk hat seinen Handlungsspielraum sehr stark einengen lassen. Das ist in den fälligen Gesprächen nicht gerade hilfreich.

Freie Presse: Die CDU wolle eine parlamentarische Aufklärung blockieren, suggerieren Koalitionspartner und Opposition. Stimmt das?

Flath: Nein, die SPD muss ebenso wie wir Interesse an einer Aufklärung haben. Es reicht nicht, die CDU in Misskredit zu bringen. Wenn es einen Sumpf gegeben haben sollte, dann in Leipzig. Dort trägt die SPD seit 1990 politische Verantwortung.

Freie Presse: Die Blockade des Ausschusses würde das Minderheitenrecht zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beschneiden. Kostet das die CDU nicht unnötig Image?

Flath: Wir blockieren nicht, sondern weisen lediglich die Opposition darauf hin, bei der Formulierung des Untersuchungsauftrages die Verfassung zu beachten.

Freie Presse: Da war man in der Vergangenheit nie so genau.

Flath: Es muss doch möglich sein, aus früheren Fehlern zu lernen und diese nicht zu wiederholen.

Freie Presse: Die Öffentlichkeit ist irritiert über Umfang und Inhalt der Affärenvorwürfe. Und Sie?

Flath: Verloren geglaubtes Vertrauen in Polizei und Verfassungsschutz muss wieder hergestellt werden. Hier hat die Politik eine Aufgabe. Die unabhängige Justiz muss dieses Vertrauen durch zügige, konsequente Aufklärung selbst wieder herstellen, etwaige Verfehlungen müssen zügig geahndet werden.

Freie Presse: Wie groß ist der Schaden, den Sachsen im bundesweiten Ansehen bisher erfahren hat?

Flath: Über Sachsen schüttelt man den Kopf, bestätigten mir zuletzt auch Altkanzler Helmut Kohl und Innenminister Wolfgang Schäuble. Doch ich denke, wir haben jetzt einen Wendepunkt erreicht. Die Wahrnehmung ist weniger hysterisch als in den ersten Wochen. Das liegt wohl auch an unterbrochenen Nachrichtenkanälen, mit deren Hilfe interessierte Kreise politisch Stimmung machen wollten. Die Ernüchterung tut gut, weil sich die Erkenntnis durchsetzt, dass es weder eine Staatskrise noch den tiefen Sachsensumpf gibt.

Freie Presse: Zurück zur Koalition: Verhindert Rücksicht auf rot-schwarz in Berlin ein vorzeitiges Scheitern?

Flath: Nein. Abgesehen davon, dass es bei uns keine große Koalition gibt, weil dafür die SPD zu klein ist, fehlen uns in Sachsen ganz einfach die Alternativen. Wir sind zum gemeinsamen Erfolg verurteilt.