Karl Nolle, MdL

Agenturen, dpa/sn, 18:12 Uhr, 20.07.2007

Untersuchungsausschuss startet am 27. Juli - Neuer Streit

 
Dresden (dpa/sn) - Über den Untersuchungsausschuss zur mutmaßlichen Korruptionsaffäre in Sachsen ist schon vor Arbeitsbeginn neuer Streit entbrannt. Einen Tag nach der Einsetzung des Gremiums lieferten sich Opposition und die Regierungspartei CDU am Freitag in Interviews und per Pressemitteilung Wortgefechte. CDU-Politiker stellten den Sinn eines solchen Ausschusses zu diesem Zeitpunkt mehr oder weniger deutlich in Frage. Die Opposition wies das zurück. Das Gremium soll am kommenden Freitag die Arbeit aufnehmen. Die Linken wollen dann auch erste Beweisanträge stellen und einen Termin für eine Vorladung von Innenminister Albrecht Buttolo und Justizminister Geert Mackenroth (beide CDU) festlegen lassen.

Der Ausschuss wurde bei einer Sondersitzung des Landtages am Donnerstag erst im zweiten Anlauf eingesetzt. Nach dem Willen von Linken, Grünen und FDP soll er die Verantwortung der Regierung für «schwerwiegende Mängel bei der Aufdeckung und Verfolgung krimineller und korruptiver Netzwerke» beleuchten. Die CDU behält sich eine rechtlich Prüfung des Antrages vor. «Sollten unsere Bedenken nicht ausgeräumt sein, wird es zur Verfassungsklage kommen», wurde Regierungschef Georg Milbradt (CDU) am Freitag in der «Sächsischen Zeitung» zitiert. Die CDU hatte im Vorfeld unter anderem moniert, dass Formulierungen Vorverurteilungen enthalten.

In der «Financial Times Deutschland» verwies Milbradt am Freitag darauf, dass die Existenz einer staatsgefährdenden Organisierten Kriminalität in Sachsen nicht bewiesen sei. Dies müsse zunächst geprüft werden. «Und das können nur die Staatsanwaltschaft und die Gerichte leisten.» Im Gegensatz zu Milbradt vertrat Buttolo noch im Juni jedoch die Meinung, dass die vom Verfassungsschutz entdeckten Netzwerke Organisierter Kriminalität in Sachsen noch immer aktiv seien und mit «typischen Mitteln zurückschlagen» würden.

Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau bezeichnete Milbradt am Freitag als «schlechten Verlierer»: «Es geht darum, das Vertrauen in Justiz und Verwaltung wieder herzustellen.» Politische Verantwortung dafür könne nur der U-Ausschuss klären. Ähnlich äußerte sich die FDP. Der Ausschuss könne und wolle gar keine Ersatz-Justiz sein. Die Linken verteidigten ein rasches Vorgehen. Nachdem die Koalition den Arbeitsbeginn vor der Sommerpause verzögert habe, sei nun «Nachsitzen» angesagt. Von Buttolo und Mackenroth wollen die Linken im U-Ausschuss unter anderem wissen, warum die Akten vom Geheimdienst nur mit Verzögerung an die Staatsanwaltschaft Dresden gehen.

Die CDU warf den Linken mit Blick auf den U-Ausschuss Klamauk vor. «Wir werden über ordnungsgemäß vorgelegte Anträge nach sorgfältiger Prüfung in einem geordneten Verfahren entscheiden. Was hier geschieht, ist bereits vor der ersten Sitzung nicht nur schlechter Stil, sondern schlicht unverfrorener Klamauk», teilte der designierte CDU-Obmann Christian Piwarz mit. Ausschuss-Vorsitzender Klaus Bartl (Linke) hatte die Mitglieder am Donnerstag nach dem Votum des Landtages spontan zur ersten Sitzung für den folgenden Tag einberufen. Das ist nach der Geschäftsordnung aber gar nicht möglich.

Justizminister Mackenroth warf den Linken logische Mängel vor. «Staatsanwaltschaften und Gerichte klären strafrechtlich relevante, individuelle Verantwortlichkeit, ein Untersuchungsausschuss soll politische, strukturelle Verantwortung aufdecken», unterstrich der Minister in einer von seinem Ministerium verbreiteten Mitteilung: «Die Feststellung struktureller Verantwortlichkeit setzt aber denklogisch die Feststellung individueller Verantwortlichkeit voraus - anders gesprochen: Erst der Sachverhalt und die Ermittlungen, dann die Konsequenzen.»

dpa su yysn z2 bku
201812 Jul 07