Karl Nolle, MdL

Agenturen dpa, 11:21 Uhr, 29.07.2007

Roth: Streit um Dresdner Elbbrücke ist politisches Machtspiel

 
Dresden (dpa/sn) - Der Streit über den Brückenbau im UNESCO- Welterbe Dresdner Elbtal ist nach Ansicht des Generaldirektors der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Martin Roth, ein politisches Machtspiel. «Es geht nur um die Durchsetzung machtpolitischer Ziele und nicht um das Abwägen des Für und Wider in einer höchst sensiblen Situation», kritisierte er die Art und Weise der Auseinandersetzung in einem Gespräch mit der Deutsche Presse-Agentur dpa. «In einem Konflikt muss man einander zuhören, hier ist das genaue Gegenteil passiert: Bist Du nicht für uns, dann bist Du gegen uns.»

Anstatt durch politisch kluge Führung die gegnerischen Seiten zu mehr Verständnis zu bewegen, wird der Streit auf Kosten der Kultur in einer der bedeutendsten Kunststädte der Welt ausgetragen. «Wozu gibt es einen Bundeskulturminister, wenn solche gravierenden Probleme zu einem Regionalproblem heruntergespielt werden?» Verantwortlich dafür seien die, die von vornherein mit dem Bau auf den Verlust des Welterbe-Titels abzielten. «Hier wurde absolut fahrlässig mit dem Weltruf der Stadt umgegangen.» Die Einwände der Brückengegner seien ungehört verhallt.

«Die politische Meinung Andersdenkender wurde ignoriert, viele derjenigen, die damals für die Brücke gestimmt haben, fühlen sich heute in die Irre geführt», sagte Roth, der sich persönlich nie dazu geäußert hat, ob er für oder gegen den Brückenbau ist. Ihm gehe es um das Ansehen Dresdens und die negative Signalwirkung, die von Deutschland ausgeht. Eine Volksbefragung, bei der den Wählern nicht mitgeteilt wurde, worum es gehe, sei «absurd». Die Politik wolle die Brücke mit aller Gewalt durchsetzen und habe sich jedem moderierenden Einfluss verweigert. «Das kann man nicht kommentarlos hinnehmen.» Ein solches Verhalten sei absolut ignorant.

Der in den vergangenen Monaten verschärfte Disput um das 160 Millionen Euro-Bauprojekt - finanziert aus Steuergeldern und damit auch Solidarbeiträgen - habe sich schon negativ ausgewirkt, der nach der Wende schwer zurückeroberte Weltruhm der Stadt habe gelitten. «Keiner versteht, weshalb ausgerechnet Deutschland, das sich immer für den Erhalt von Monumenten der Geschichte eingesetzt hat, hier alles aus dem Ruder laufen lässt», sagte Roth. Kollegen aus aller Welt fragten sich, was mit Deutschland los sei. «Deutschlands Ansehen leidet, vor allem in den Ländern, wo Regierungen nur mit Mühe zum Erhalt von Kultur zu bewegen sind.»

Angesichts der nach mehreren Gerichtsentscheidungen und der erfolgten Bauvergabe für die geplante Brücke nahezu aussichtslosen Situation mache sich Resignation breit. «Die Bevölkerung ist mürbe, der Streit wird bald vergessen sein. Und darauf setzt die Brachialpolitik.»

Gespräch: Simona Block, dpa
dpa sb yysn a3 gj