Karl Nolle, MdL

Berliner Zeitung, 31.07.2007

Ermittlungen gegen Leipziger Sparkassenchef

Vorstand weist auf weitere dubiose Kreditgeschäfte hin
 
LEIPZIG. In der Stadt- und Kreissparkasse Leipzig (SKL) hat der scheidende Vorstand offenbar mehr vorschriftswidrige Kreditgeschäfte zu verantworten als bislang bekannt. Aus einem Schreiben der SKL an das sächsische Finanzministerium geht hervor, dass es über die von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) untersuchten zehn Kreditengagements hinaus mindestens weitere sechs Vorgänge gegeben hat, in denen es zu Manipulationen gekommen ist.

"Wir gehen davon aus, dass es hier ... Manipulationen gegeben hat ." Aus einem Brief des Sparkassenvorstands ans Ministerium

Zudem hat der sächsische Generalstaatsanwalt ein bereits eingestelltes Ermittlungsverfahren gegen Sparkassenchef Peter Krakow wieder aufleben lassen. Der Vorwurf, der sich auch gegen ein anderes Vorstandsmitglied sowie vier weitere SKL-Mitarbeiter richtet, lautet auf Untreue und Kreditbetrug. Ende Juni dieses Jahres hatte sich das Dresdner Finanzministerium mit der dringenden Aufforderung an die Leipziger Sparkasse gewandt, Informationen über die Ergebnisse interner und externer Untersuchungen des Bankenskandals zu übersenden.

Im Antwortschreiben an die Sparkassenaufsicht im Ministerium vom 4. Juli listet der Vorstand sechs, von der BaFin bislang noch nicht untersuchte Kreditengagements auf, bei denen durch die Innenrevision "Auffälligkeiten bezüglich der Ratingvorgänge festgestellt" worden seien. "Wir gehen davon aus, dass es hier ... Manipulationen gegeben hat; eine Zurechnung gegenüber bestimmten Mitarbeitern ist jedoch nicht möglich", heißt es im Schreiben.

Zu den Nutznießern der im Vorstandsschreiben genannten manipulierten Kreditgeschäfte zählt auch die Leipziger Bau- und Immobilienfirma GRK Holding AG. Die GRK gehört mehrheitlich dem Leipziger Immobilienkönig Steffen Göpel.

Pikant: Göpel zählt zu der in Leipzig bekannten "Tafelrunde" von Oberbürgermeister Burkhard Jung, der gleichzeitig Verwaltungsratschef der Sparkasse ist. Als Jung im Februar vergangenen Jahres seine Wiederwahl ins Rathaus "mit Familie und engsten Freunden" (Jung) in einem Leipziger Nobelrestaurant feierte, saß Göpel an seinem Tisch.

Investor erstattet Anzeige

Inzwischen droht dem Ende August aus dem Amt scheidenden Sparkassenchef Peter Krakow ein Betrugsverfahren. Gegenstand ist die Finanzierung eines Baugrundstücks im Stadtteil Holzhausen. Dem Investor, einem Bauunternehmer aus der Nähe von Leipzig, war zum Erwerb und zur Bebauung der Immobilie ein Kredit über 1,6 Millionen Euro ohne Auflagen, Sicherheiten und Eigenkapital eingeräumt worden. Von dem zugesagten Kredit zahlte die Sparkasse aber nur einen Bruchteil aus. Der Rest wurde offenbar zur Tilgung eines ebenfalls vorschriftswidrig ausgestalteten Darlehens benötigt, das die SKL dem Vorbesitzer des Grundstücks gewährt hatte, der inzwischen in finanzielle Probleme geraten war. Dem neuen Investor, der im Vertrauen auf den ihm zugesagten Kredit bereits Baumaßnahmen auf dem Grundstück vorfinanziert hatte, sind bis heute mehrere Millionen Euro Schaden entstanden.

Im November 2005 erstattete er daher Strafanzeige gegen den SKL-Chef Krakow und weitere leitende Sparkassenmitarbeiter. Ein knappes Jahr später aber stellte die Leipziger Staatsanwaltschaft das Verfahren mangels Tatverdacht ein. Die dagegen eingelegte Beschwerde hatte jetzt Erfolg: Die Dresdner Generalstaatsanwaltschaft hob die Einstellungsverfügung auf, "da insbesondere zur Frage einer sogenannten Bankenuntreue noch Klärungsbedarf besteht", wie es in einem Schreiben des zuständigen Oberstaatsanwalts vom 2. Juli heißt.
Andreas Förster