Karl Nolle, MdL

Agenturen, dpa/sn, 14:19 Uhr, 05.08.2007

Noch keine Hinweise auf Korruption - Innenminister distanziert sich

 
Dresden (dpa/sn) - In Sachsens mutmaßlicher Korruptionsaffäre haben die Ermittler bisher nahezu keine konkreten Anhaltspunkte für Straftaten gefunden. «Es ist äußerst zweifelhaft, ob man überhaupt von kriminellen Netzwerken sprechen kann», sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Christian Avenarius, am Samstag der Deutschen Presse-Agentur dpa. Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) sprach im Interview mit dem Nachrichtenmagazin «Focus» (Montag) davon, dass «das Ganze aus heutiger Sicht kaum als "Korruptionsskandal" Bestand haben» werde.

In der «Freien Presse» (Montag) distanzierte er sich auch von seiner «Mafia»-Rede vom Juni im Landtag. Er habe die Glaubwürdigkeit der gesammelten Akten zu wenig angezweifelt und daher gewarnt, dass kriminelle Netzwerke zurückschlagen könnten. «Der heutige Kenntnisstand lässt diese Bewertung nicht mehr zu», sagte Buttolo. «Ich fühle mich in der Tat durch die Art und Weise, wie mir diese Informationen vorgetragen wurden, getäuscht», sagte der Minister dem «Focus». Die Geheimdienst-Akten sollen Verbindungen von Politik, Justiz und Polizei zur Organisierten Kriminalität (OK) belegen. Die Vorwürfe beziehen sich auf Straftaten wie Korruption, Amtsmissbrauch und Kinderprostitution.

In dem damals verantwortlichen Referat habe es «eine Vielzahl von handwerklichen Fehlern gegeben, um es mal milde zu formulieren», so Buttolo im «Focus». Der schwerwiegendste Fehler sei gewesen, dass die damalige Referatsleiterin vor ihren Vorgesetzten die Identität ihrer Hauptquelle verschleiert habe. «Doch die Unterlagen der Polizei und die des Verfassungsschutzes stammten von ein und derselben Person», sagte der Minister der «Freien Presse». In der so genannten Korruptionsaffäre habe sich für ihn mittlerweile «eine völlig andere Bewertung ergeben», sagte Buttolo dem «Focus».

«Die ursprüngliche Einschätzung des Verfassungsschutzes zu einem landesweiten kriminellen Sumpf ist nicht aufrecht zu erhalten.» Er würde «heute noch nicht einmal von größeren Pfützen reden». So lägen Verfassungsschutz-Informationen in den Akten zu angeblichen Verfehlungen hoher Politiker und Beamter «oft in Konjunktiv-Form vor» und stammten vom «Hörensagen». «Das strafrechtlich Relevante wird sich am Ende vielleicht auf einige wenige Personen beschränken.» Buttolo will sich am Montag beim Verfassungsschutz über die Arbeit des Prüfteams und den Stand der Bearbeitung der Akten für die Übergabe an die Staatsanwaltschaft informieren.

Seit Mitte Juli bewerten Prüfteams und eine Projektgruppe dort den Stand der Ermittlungen und untersuchen Arbeitsabläufe. Ein auf Druck der Opposition eingesetzter Untersuchungsausschuss im Landtag soll die Verantwortung der Regierung für etwaige schwerwiegende Mängel beim Kampf gegen Korruption und Organisierte Kriminalität beleuchten. Angekündigt sei, dass die Staatsanwaltschaft bis Montag weitere Geheimakten erhalte, bestätigte Oberstaatsanwalt Avenarius einen Bericht der «Leipziger Volkszeitung» (LVZ) vom Samstag. Danach soll es sich bei den Papieren unter dem Tarnnamen «Abseits II» um Material zu möglichen Netzwerken im Vogtland handeln.

«Wir arbeiten mit Hochdruck an der Aufklärung», sagte Avenarius. Die «Trockenlegung» des sogenannten «Sachsen-Sumpfes» lasse keine Sommerpause zu. Die Ermittler hätten seit Anfang Juli viel vom ersten Komplex «Abseits III» zu Leipzig durchgesehen. «Wir haben auch etliche Zeugen gehört», sagte Avenarius. «Ich kann sagen, dass wir sehr skeptisch sind, ob überhaupt etwas herauskommt.» Die Komplexe «Abseits II» und «Abseits III» gelten laut «LVZ» intern als die wichtigsten Komplexe. Der überwiegende Rest des Materials drehe sich um mafiöse Strukturen aus Osteuropa und die italienische Organisierte Kriminalität.

(Die Beiträge von «Focus» und «Freie Presse» lagen dpa in redaktioneller Fassung vor.)

dpa sb yysn z2 ev
051419 Aug 07