Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 14.08.2007

Missbrauchte Fledermaus?

Waldschlösschenbrücken-Streit geht weiter / Thierse fordert Milbradt zu einvernehmlicher Lösung auf
 
Dresden. Im Dresdner Brückenstreit fordert Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) zu einer einvernehmlichen Lösung auf. Die Berufung des Freistaats auf den Bürgerentscheid von 2005 für die geplante Waldschlösschenbrücke sei „taktischer Natur“ und geschehe nicht aus Überzeugung, sagte Thierse gestern Abend bei einer Kundgebung von Brückengegnern in Dresden, an der sich rund 3000 Demonstranten beteiligten.

Unterdessen befürchtet der sächsische SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle, dass das Oberverwaltungsgericht (OVG) bei dem anstehenden Urteil zum Baustopp kein unabhängiges Urteil fällen wird. Das Justizministerium wies dies als „abseitig“ und „ehrenrührig“ zurück. Die Justiz sei Gesetz und Recht unterworfen, sagte ein Sprecher.

Das OVG in Bautzen wird in zweiter Instanz entscheiden, ob der am vergangenen Donnerstag vom Verwaltungsgericht Dresden verhängte Baustopp zum Schutz einer gefährdeten Fledermausart rechtmäßig ist. Die Richter waren damit einem Antrag von drei Naturschutzverbänden gefolgt, die durch den Bau der Brücke den Lebensraum der vom Aussterben bedrohten Kleinen Hufeisennase gefährdet sehen. Das Regierungspräsidium hat dagegen am Freitag Beschwerde eingelegt.
Thierse betonte, die Gerichtsentscheidung eröffne eine neue Möglichkeit für die Suche nach einem Kompromiss. „Man muss nur aufhören, nein zu sagen“, bekräftigte er. Ganz Deutschland lehne das Bauvorhaben ab. Dieses sei keine parteipolitische Angelegenheit und vor allem keine regionale, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor einigen Wochen behauptet habe. Der Schaden, den der Verlust des Welterbetitels für Deutschland bringen würde, sei nicht zu ermessen.

Vor der Kundgebung kritisierten zwei als Fledermaus verkleidete Mitglieder der CDU-Nachwuchsorganisation Junge Union die Instrumentalisierung des Tieres. Der angebliche Tierschutz sei nur „ein Blockadeversuch“, hieß es. Damit schlossen sie sich einer Kritik von Sachsens Umweltminister Stanislaw Tillich (CDU) an.

Der SPD-Landespolitiker Karl Nolle zweifelte die Unabhängigkeit des OVG an. Nach den bisherigen Erfahrungen sei es „fraglich, ob das OVG den Mut hat, sich zu Unabhängigkeit von der Landesregierung zu bekennen“. Das Regierungspräsidium rechne aufgrund vergangener Urteile zugunsten des Brückenbaus auch bei der anstehenden OVG-Entscheidung mit einem Sieg, mutmaßte der SPD-Politiker. Das Justizministerium habe durch seine Personalpolitik für die Entscheidung pro Brücke gesorgt. Das OVG hatte zuvor mehrmals zugunsten des Baus geurteilt.

Das Regierungspräsidium Dresden will mit dem Bau der umstrittenen Brücke den Bürgerentscheid umsetzen. Die Unesco droht jedoch damit, dem Elbtal in diesem Fall den Welterbetitel abzuerkennen. Diana Wild, ddp