Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 18.08.2007

Wirbel um Schandauer Hotel

Wurde beim Bau der Elbresidenz mit Fördermitteln getrickst? Die Staatsanwaltschaft hat Akten erhalten.
 
Es ist das Letzte, was Elbresidenz-Chef Werner Kirschner jetzt gebrauchen kann. Bei der Fertigstellung des Fünf-Sterne-Hotels in Bad Schandau sitzt ihm die Zeit im Nacken. Und ausgerechnet jetzt tauchen bei der Staatsanwaltschaft in Dresden Akten auf, die beweisen sollen, dass beim Bau der Herberge nicht alles mit rechten Dingen zuging. Schlimmstenfalls droht die Rückzahlung von Fördermitteln in Millionenhöhe.

Kreative Gesetzesauslegung

In den Bau des Luxushotels flossen rund 20 Millionen Euro öffentliche Gelder. Der Löwenanteil stammt aus dem Hilfsfonds für Geschädigte der Augustflut 2002. Dabei wurden die Förderrichtlinien der Sächsischen Aufbaubank (SAB) anscheinend recht großzügig ausgelegt. Erstens: Flutgelder durfte es nur für Geschädigte geben. Die Häuser am Markt gehörten 2002 der Elbresidenz aber noch gar nicht. Zweitens: Die Gelder sollten vorrangig für den Erhalt bestehender Unternehmen und von Arbeitsplätzen gezahlt werden. Die Gebäude der späteren Elbresidenz standen jedoch schon vor der Flut zum großen Teil leer. Drittens: Die Mittel mussten bis Ende 2004 abgerechnet sein. Die Arbeiten am Hotel begannen aber erst im Frühjahr 2005 mit dem Abbruch alter Bausubstanz.

Das Vertrauen der SAB in das Projekt muss enorm gewesen sein. Als Nachweis, dass zum Beispiel das Gebäude Markt1 in Bad Schandau zum Zeitpunkt der Flut vermietet war, wurde ein Mietvertrag mit der Sächsischen Dampfschiffahrt akzeptiert – datiert 1966. Das Hotel, welches das Haus einst beherbergte, war aber schon seit 1990 dicht. SAB-Sprecherin Beate Bartsch sagte auf SZ-Anfrage, man habe damals „unter Vermeidung langer Behördenwege im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten“ nach Lösungen für die Förderung gesucht. Andere nennen das kreative Gesetzesauslegung. Weiteres Beispiel: Damit die neue Gesellschaft die Gelder abrufen konnte, ohne gegen die Förderrichtlinien zu verstoßen, wurde der Alteigentümer der Schandauer Immobilien an der Elbresidenz GmbH mit zehn Prozent beteiligt. Und das Arbeitsplatz-Argument sah man mit der Schaffung von über 100 neuen Jobs in Bad Schandau mehr als erfüllt. Die Verantwortung für solche Entscheidungen verteilte man auf viele Schultern.

An dem Runden Tisch saßen laut Bartsch neben der SAB auch die Sächsische Industrie- und Handelskammer, die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau und das sächsische Wirtschaftsministerium. Bad Schandau genoss allerhöchste Priorität. Deshalb sieht auch Elbresidenz-Chef Kirschner mögliche Ermittlungen gelassen: „Das ist kein Fall für den Staatsanwalt.“ Alles sei formal korrekt gelaufen, einschließlich verlängerter Förderzeiträume.

Kirschner weiß noch einen gewichtigen Beteiligten im Boot: die Ostsächsische Sparkasse Dresden. Sie pumpte nach SZ-Informationen bis heute knapp 40 Millionen Euro Kredit in den Bau des First-Class-Hotels – mehr als doppelt so viel, wie ursprünglich geplant. Die Elbresidenz ist derzeit eines der größten Projekte der Sparkasse. Auch das Kreditinstitut profitierte von der öffentlichen Förderung, ist es doch über sein Tochterunternehmen Innovas zu 25 Prozent an der Elbresidenz beteiligt. Zusätzlich ist das Engagement der Sparkasse über eine Bürgschaft des Freistaates Sachsen im hohen einstelligen Millionenbereich abgesichert.

Gerüchte über einen Plan B

Verständlich, dass die Sparkasse bei dem Bau derzeit mächtig Druck macht. „Jeder Tag, den das Hotel nicht in Betrieb ist, bringt Einnahmeverluste“, sagt Sparkassensprecher Andreas Rieger. Die Diskussion um die Fördermittel möchte er nicht kommentieren. Auch nicht Gerüchte um einen Plan B, die inzwischen kursieren. Danach soll die Elbresidenz so schnell wie möglich an eine Hotelkette verkauft werden, um möglichen Ermittlungen und größeren wirtschaftlichen Risiken zuvorzukommen. Rieger: „Wir wollen das nicht alltägliche Konzept mit unseren Partnern so umsetzen wie geplant.“ Auch Hotelchef Werner Kirschner hält nichts vom Bohren in der Vergangenheit. „Wir werden am 31. August eröffnen. Und das zählt.“