Karl Nolle, MdL

Süddeutsche Zeitung, 20.08.2007

Spekulanten aus Verzweiflung

Der Fall der Sachsen-LB zeigt erneut: Das Modell öffentlich-rechtlicher Banken hat ausgedient
 
Nun also Leipzig: Auch die Sachsen-LB wird jetzt von der tiefen Hypothekenkrise in den USA schwer getroffen. Am Wochenende musste die Landesbank erhebliche Zahlungsschwierigkeiten bei einer Tochtergesellschaft in Irland einräumen. Die gesamte Bank geriet dadurch offenbar in Finanznot, die Sparkassen-Finanzgruppe - also die Gemeinschaft der deutschen Sparkassen und Landesbanken - stellte in einer sofortigen Hilfsaktion einen Kredit von mehr als 17 Milliarden Euro bereit. Und der Freistaat Sachsen wird für möglicherweise entstehende Verluste einstehen müssen.

Natürlich stellt sich die Frage, warum eine relativ kleine Landesbank wie die aus Leipzig, die ohnehin als eher finanzschwach gilt, sich in offenbar großem Stil in den USA engagiert ist und dort mehrere Milliarden Euro in Immobilienkrediten investiert. Solche Geschäfte gehören sicherlich nicht zur Kernaufgabe einer öffentlich-rechtlichen Bank, wenngleich sie natürlich auch nicht explizit verboten sind. Eigentlich soll die Landesbank, in Besitz des Freistaats Sachsen und der dortigen Sparkassen, sich vor allem um die Region und die dort ansässigen Sparkassen kümmern.

Dieselbe Frage tauchte schon bei der Düsseldorfer IKB auf, die vor drei Wochen ebenfalls wegen eines nicht mehr zu kontrollierenden Engagements bei zweitklassigen Hypothekendarlehen in den USA in ernsthafte Probleme geraten war. Dabei hat auch die IKB eigentlich einen anderen Geschäftszweck: Sie ist auf die Finanzierung von mittelständischen Firmen, besonders in Deutschland, spezialisiert. Auch dort muss letztlich der Steuerzahler geradestehen. Denn Hauptaktionär der IKB ist die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau, KfW, die das angeschlagene Institut ebenfalls mit Milliarden stützen musste.

Um die Kontrolle dieser Banken, die ganz oder teilweise in Staatsbesitz sind, ist es offenbar nach wie vor schlecht bestellt. In den Verwaltungsräten sitzen oft Politiker oder Sparkassenfunktionäre, die vielleicht nicht so genau hinschauen können oder wollen. Das zeigte sich auch schon bei der West LB, die sich in Aktiengeschäften verspekuliert hatte und auf hohen Verlusten sitzenblieb. Konzernchef Thomas Fischer musste daraufhin seinen Posten räumen. Ähnlich, wenn auch in kleinerem Umfang, erging es der Bayern-LB. Und vor wenigen Jahren war die Landesbank Berlin in einen Immobilienskandal verwickelt, der Staat musste mit Milliarden einspringen.

Auslöser für diese besorgniserregenden Schwierigkeiten sind strukturelle Probleme. Die herkömmlichen Geschäfte der Landesbanken sind nicht mehr ertragreich genug - zumal vor zwei Jahren die staatlichen Garantien weggefallen sind. Viele Institute versuchen nun, mit sehr riskanten Geschäften, die im Erfolgsfall aber auch hohe Gewinne versprechen, ihre Ertragsrechnung aufzupolieren. Dabei gehen sie in ihrer Verzweiflung augenscheinlich unverantwortlich hohe Risiken ein, die ihnen in einer Situation wie heute, wenn eine weltweite Kreditkrise droht, das Genick brechen können. Die Sachsen-LB ist ein gutes Beispiel dafür. Das erst 1992 als einzige Landesbank in Ostdeutschland gegründete Kreditinstitut hatte bereits mehrere Skandale und personelle Querelen zu verkraften. Hinter seiner Eigenständigkeit steht schon lange ein Fragezeichen. Die Sachsen-LB galt eigentlich schon immer als zu klein, um im Konzert der Großbanken mitzuspielen.

Es ist zu befürchten, dass nach Sachsen-LB, IKB und West LB weitere Schieflagen folgen können. Deshalb sollten nun die Konsequenzen gezogen werden. Die Institute, die ganz oder teilweise in öffentlicher Hand sind, müssen endlich privatisiert werden. Es ist unverantwortlich, wenn letztlich der Steuerzahler für zu riskante Geschäfte einstehen muss, die einzelne Banken aus Selbstüberschätzung eingehen.
Von Caspar Busse