Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 21.08.2007

"Die Sachsen-LB braucht man eigentlich nicht mehr"

 
TU-Professor: Landesbank fehlt es an Geschäftsmodell – Fusion abgelehnt
Die Finanzschwierigkeiten einer irischen Tochtergesellschaft haben das Vertrauen in die Sächsische Landesbank erschüttert. Um mögliche Ausfälle eines Geschäfts auf dem US-Hypothekenmarkt ausgleichen zu können, hat die Sachsen-LB von den Sparkassen einen Kredit in Höhe von 17,3 Milliarden Euro erhalten. Jetzt stellt sich die Frage, ob sich die Sachsen-LB mit ihren riskanten Anlagegeschäften überhoben hat. Udo Lindner wollte von Friedrich Thießen, Inhaber der Professur für Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre an der TU Chemnitz, wissen, wie er die Zukunft der einzigen ostdeutschen Landesbank sieht.

Freie Presse: Hat es Sie überrascht, als Sie von dem Hilfskredit für die Sachsen-LB erfuhren?

Friedrich Thießen: Im ersten Augenblick überrascht natürlich die Größenordnung.

Freie Presse: Was hat aus Ihrer Sicht zu den Schwierigkeiten der Bank geführt?

Thießen: Es ist eine vergleichsweise kleine Bank, die bisher nicht so richtig ihr Geschäftsfeld gefunden hat. Für die Bank ist wichtig, dass sie genügend Erträge erwirtschaftet. Das wiederum ist in einem Bundesland wie Sachsen angesichts anderer starker Banken und Sparkassen schwierig. Also wollte die Bank mit größeren Geschäften am internationalen Finanzmarkt ihre Ertragssituation aufbessern. Im Nachhinein muss man jetzt sagen, das war falsch. Aber die Strategie, aus Zinsdifferenzen Erträge zu erzielen, betreiben die Banken seit eh und je. An neuen Märkten sind die Risiken manchmal schwer einschätzbar.

Freie Presse: Als kleine Bank hat es die Sachsen-LB eh schwer, auf dem Markt ertragreiche Geschäfte zu machen. Deshalb gibt es seit Monaten Gespräche mit potenziellen Partnern, zum Beispiel mit der West-LB. Wird eine mögliche Fusion mit einer größeren Bank unter den jetzigen Bedingungen schwieriger?

Thießen: Ich finde eine Fusion überhaupt nicht gut. Der einzige Vorteil, den die Bank jetzt noch hat – ihr regionales Know-how – das geht in einem Verbund mit einer Bank aus einer anderen Region mit anderen Interessen völlig verloren. Das führt nur zu Bremseffekten. Besser wäre es, man würde sich mit anderen ostdeutschen Ländern zusammenschließen. Aber da gibt es offenbar kein Interesse.

Freie Presse: Wie wirken sich die Turbulenzen rund um die Sachsen-LB und die öffentliche Aufmerksamkeit auf die aktuellen Geschäfte der Bank aus?

Thießen: Jetzt ist jedem klar geworden, dass die Bank nach wie vor schwimmt und kein richtiges Geschäftsmodell hat. Das merken die Kunden, das merken aber auch die anderen Banken, mit denen die Sachsen-LB Geschäfte macht Auf alle Fälle entsteht Misstrauen in die langfristige Existenz der Bank. Und das kann dazu führen, dass die Kunden eher zu anderen Banken gehen.

Freie Presse: Was wäre aus Ihrer Sicht ein tragfähiges Geschäftsmodell für die Sachsen-LB?

Thießen: Die Landesbanken haben traditionell zwei Aufgaben. Zum einen sind sie Leistungserbringer für die Sparkassen im Geldverkehr oder mit dem Ausland. Dafür braucht man die Landesbanken heute nicht mehr zwingend, oder zumindest keine kleinen. Zum anderen sollten die Landesbanken größere Firmenkunden betreuen, mit denen lokale Sparkassen überfordert gewesen wären. Aber diese großen Firmenkunden sind in Sachsen rar gesät