Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 21.08.2007

Wozu braucht der Freistaat eine eigene Bank?

Landesbanken sind den meisten Menschen unbekannt – und doch erfüllen sie ihre Funktion. Aber wie lange noch?
 
Die Krise der sächsischen Landesbank (Sachsen-LB) wirft erneut die Frage auf, ob dieses Modell noch zeitgemäß ist. Die SZ zeigt, welche Vorteile Landesbanken bieten – und welche Nachteile damit verbunden sind.

Vorteil eins: Regionale Kenntnis

Die Chipfabriken des US-Unternehmens Advanced Micro Devices in Dresden, das Güterverkehrszentrum in Leipzig oder der sächsische Mittelstand – die Sachsen-LB finanziert zweifellos den Aufbau Ost mit. Landesbanken kennen sich in ihrer Region aus. Die Sachsen-LB ist ein wichtiger Impulsgeber für die Entwicklung der heimischen Wirtschaft. Außerdem helfen Landesbanken beim Geldmanagement der Kommunen. Ihre Gewinne bleiben überwiegend in der Heimatregion.

Vorteil zwei: Zugang zum Kapitalmarkt

Anders als Sparkassen oder Volks- und Raiffeisenbanken ist es den Landesbanken möglich, an den großen internationalen Börsen dieser Welt zu handeln. Landesbanken bewegen mehr Geld als einzelne Sparkassen, sie gehen höhere Risiken ein und erwirtschaften deshalb auch oft höhere Renditen.

Vorteil drei: Auslandsmarkt

Anders als Sparkassen betätigen sich Landesbanken im Ausland. So macht die Sachsen-LB Immobiliengeschäfte in Nordamerika, West- und Osteuropa. Sie finanziert Flugzeuge für Luftfahrtgesellschaften. Die für Hamburg und Schleswig-Holstein zuständige Landesbank ist zu einem der größten Schiffsbaufinanziers der Welt aufgestiegen.

Vorteil vier: Dienstleister der Sparkassen

Als Verbundpartner der Sparkassen unterstützen sie deren Filialen bei der Abwicklung größerer Finanzgeschäfte. Landesbanken liefern spezielle Kapitalmarktprodukte an die Sparkassen wie Zertifikate und Spezialkredite. Kurz: Die Landesbanken greifen immer dort ein, wo die einzelne Sparkasse überfordert ist.

Nachteil eins: Politischer Einfluss

Größtes Problem der Landesbanken ist der Einfluss der Politik. Die Bundesländer sind große Eigentümer – deshalb mischen sie sich in die Geschäfte einer Landesbank ein. Oft fordern die Politiker hohe Renditen bei möglichst geringem Risiko. Doch das beißt sich. Außerdem bestehen die Bundesländer mitunter auf Finanzierungen von Projekten, die sich nicht rechnen. Manchmal ist es wie bei der Deutschen Bahn, von der sich fast jeder Landrat einen ICE-Halt in seiner Kreisstadt wünscht.

Nachteil zwei: Schwacher Verwaltungsrat

Der politische Einfluss spiegelt sich in der Zusammensetzung des Verwaltungsrats, dem Kontrollgremium einer Landesbank. Dort sitzen überwiegend Politiker, die aber für das Verstehen der teilweise hochkomplexen Kapitalmarktgeschäfte nicht ausgebildet sind. Eine besonders effiziente Kontrolle der Bank-Vorstände ist so nicht möglich.

Nachteil drei: Kein Privatkundengeschäft

Ist das Ausfallrisiko noch ein Vorteil für Sparkassen-Kunden, ist das Verbot des Privatkundengeschäfts für die Risikostreuung einer Landesbank von Nachteil. Die Landesbanken können ihre Rendite nur mit Spezialprodukten und dem Handel am Kapitalmarkt erzielen, Spareinlagen wie bei den Sparkassen stehen ihnen nicht zur Verfügung.

Nachteil vier: zu kleiner Heimatmarkt

Vor der Wende hatte jedes westdeutsche Bundesland eine eigene Landesbank. Doch rasch wurde klar: Diese Regionen sind zu klein, um die von den Eigentümern gewünschten Renditen zu erzielen. Es kam zu Fusionen und Beteiligungen der Landesbanken untereinander. Nach der Wende gelang es nur Sachsen, eine eigene Landesbank aufzubauen. Ursprünglich sollte sie für ganz Ostdeutschland tätig sein, doch die anderen neuen Bundesländer wurden von westdeutschen Landesbanken einverleibt.

Nachteil fünf: Wegfall der Staatshaftung

Nach einem jahrelangen Streit mit privaten Banken und der EU ist im Juli 2005 das Privileg der Staatshaftung für Landesbanken gefallen. Brüssel sah darin eine Wettbewerbsverzerrung. Bis dahin war es für Landesbanken kein Problem, sich am Kapitalmarkt sehr günstig mit Geld zu versorgen. Da es die Staatsgarantien nicht mehr gibt, ist das Geld teurer geworden. Das zwingt die Landesbanken wiederum zu riskanteren Geschäften.
von Ulrich Wolf