Karl Nolle, MdL

Die Welt, 21.08.2007

Brüssel prüft Rettungsaktion für Sachsen LB

Verbotene Beihilfen vermutet - Die Landesbanken lehnen Fusion mit dem Krisensinstitut ab
 
Der SachsenLB drohte aufgrund der Krise auf dem US-Hypothekenmarkt eine finanzielle Schieflage. Die Landesbanken hatten dem angeschlagenen Institut Kreditlinien von 17,3 Mrd. Euro eingeräumt. Die EU-Wettbewerbshüter vermuten nun verbotene staatliche Beihilfen.

Die Brüsseler Wettbewerbsaufseher wollen die milliardenschwere Finanzhilfe für die in Schwierigkeiten geratene SachsenLB prüfen. Die EU-Kommission sei bereits mit den deutschen Behörden in Kontakt, sagte eine Sprecherin in Brüssel. Die EU-Wettbewerbshüter wollen untersuchen, ob es sich bei der gemeinschaftlichen Kreditlinie der Sparkassen-Finanzgruppe um staatliche Beihilfen handelt. Solche Subventionen erlaubt die EU nur begrenzt. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) als Koordinator der Hilfsaktion wollte die EU-Prüfung nicht bewerten. Ein Sprecher betonte lediglich, es habe keine Unterstützungszahlungen für die SachsenLB gegeben, sondern lediglich „eine Kreditgewährung zu Marktkonditionen“. Der Verwaltungsratsvorsitzende der NordLB, der niedersächsische Finanzminister Hartmut Möllring (CDU), sagte, er erwarte „keine Probleme“ durch die Prüfung in Brüssel.

Der SachsenLB drohte aufgrund der anhaltenden Krise auf dem US-Hypothekenmarkt eine finanzielle Schieflage. Die übrigen Landesbanken und der Fondsanbieter Deka-Bank hatten deshalb Kreditlinien von 17,3 Mrd. Euro eingeräumt. Wie viel davon das Leipziger Institut in Anspruch nehmen muss, hängt davon ab, wie sich die Kapitalmärkte weiter entwickeln. Allerdings sind bei der schlingernden SachsenLB-Tochter Ormond Quay allein bis Mitte September Zahlungen von bis zu vier Mrd. Euro fällig. Am Montag wurde weiter über die Zukunft der SachsenLB spekuliert. Die Milliardenhilfe hat der DSGV dem Vernehmen nach mit der Forderung verknüpft, dass sich die Strukturen der SachsenLB ändern, etwa durch eine Fusion. Andere Landesbanken zeigen dem Kriseninstitut aber größtenteils die kalte Schulter. So sagte ein Sprecher des Sparkassenverbandes Hessen-Thüringen, die SachsenLB sei für die dortige Landesbank „kein Thema“. NordLB-Verwaltungsrat Möllring äußerte sich ähnlich: „Es gibt keine Überlegungen oder Pläne zu Partnern für unsere Landesbank.“ Auch die BayernLB zeigte sich reserviert. „Als Verwaltungsratsvorsitzender führe ich derzeit keine solchen Gespräche, und hypothetische Überlegungen kann ich als Praktiker nicht kommentieren“, sagte Siegfried Naser, Präsident des Bayerischen Sparkassenverbandes. Von BayernLB-Vorstandschef Werner Schmidt wird kolportiert, er habe „null Interesse“ an Sachsen. Er wolle seine Bank weiter in Richtung Südosteuropa ausbauen.

Einzig die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) gibt sich offener. Derzeit hätten zwar die Fusionsgespräche mit der WestLB Priorität, hieß es im Umfeld der Bank. „Wir werden uns aber auch der SachsenLB nicht verschließen.“ Frühere Annäherungsversuche zwischen den beiden Instituten waren zwar gescheitert. Dies lag jedoch dem Vernehmen nach vor allem an den Forderungen der Sachsen: Sie wollten sich nicht zur Tochter der LBBW machen, sondern auf Augenhöhe fusionieren. „Jetzt dürfte den Eigentümern der SachsenLB aber klar sein, dass sie nicht mehr aus einer Position der Stärke verhandeln“, hieß es in Landesbankkreisen. Die Eigentümer der Bank, der Freistaat und die sächsischen Sparkassen, machen sich denn auch keine Illusionen. Sie sehen sich offenbar nicht mehr als Herr im eigenen Haus. „Die Gestaltung der Zukunft der SachsenLB liegt jetzt bei den Kreditgebern und vor allem bei Heinrich Haasis“, hieß es im Umfeld der SachsenLB. Der DSGV-Präsident fordert „strukturelle Veränderungen“. Ob er allerdings seinem großen Ziel näher kommt, die Konsolidierung der Landesbanken insgesamt voranzutreiben, ist auch nach der Krise der SachsenLB fraglich. „Dazu brauchen wir eine gemeinsame Positionierung der Länder als Miteigentümer“, hatte der Verbandschef betont. Die nordrhein-westfälische Landesregierung bremst derzeit jedoch eine Fusion von LBBW und WestLB. Und auch andere Landespolitiker wollen nichts von weiteren Zusammenschlüssen wissen. „Die große Konsolidierung unter den Landesbanken ist nicht in Sicht“, sagte Möllring WELT ONLINE. Geschäftsvolumen sei für ihn kein Argument, so Niedersachsens Finanzminister: „Die NordLB musste noch kein Engagement aufgrund ihrer Größe ablehnen.“