Karl Nolle, MdL
Die Welt -online, 14:5100 Uhr, 26.08.2007
Sachsen LB-Chronik: Das Sterben einer Skandalbank
27. August 2007: Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) übernimmt die SachsenLB für rund 300 Mio. Euro. Mit diesem Notverkauf ist das Ende von Ostdeutschlands einziger Landesbank besiegelt. Das Leipziger Kredithaus soll künftig mit 350 Mitarbeitern als LBBW-Filiale weitergeführt werden.
24. August 2007: In Dresden beginnen die Verkaufsverhandlungen mit der LBBW. Um die SachsenLB auch ohne Zustimmung des Parlaments veräußern zu können, stellt die Landesregierung eine Ausnahmesituation fest. Die Finanzaufsicht BaFin macht klar, dass beim Scheitern der Verkaufsverhandlungen eine Schließung der SachsenLB unabwendbar ist. Die geplante Veröffentlichung eines Halbjahresberichts muss um eine Woche verschoben werden.
23. August 2007: Finanzminister Horst Metz (CDU), zugleich Verwaltungsratschef der Bank, informiert Koalitionspartner SPD über einen neuerlichen Liquiditätsengpass bei der SachsenLB in Höhe von rund 400 Mio. Euro. Damit ist die Existenz des bereits schlingernden Instituts akut bedroht. Dem für Kapitalmarktgeschäfte zuständigen Vorstand Stefan Leusder wird der Stuhl vor die Tür gesetzt.
20. August 2007: Auf einer Verwaltungsratssitzung teilt Minister Metz mit, bei der SachsenLB bestünden keine Risiken mehr: "Jetzt geht es darum, das Vertrauen der Märkte wiederherzustellen und gemeinsam die weitere Entwicklungsperspektive der Sachsen LB zu sichern."
17. August 2007: In einer Pflichtmitteilung unterrichtet die SachsenLB die Öffentlichkeit über Fehlspekulationen des von ihrer Irland-Tochter SLBE gemanageten Fonds Ormond Quay. In einer bislang einmaligen Rettungsaktion muss die Sparkassen-Organisation den Leipzigern daraufhin eine Kreditlinie in Höhe von 17,3 Mrd. Euro einräumen - mehr als das Volumen des gesamten sächsischen Landeshaushaltes. Bekannt wird, dass die von der SLBE verwalteten Fonds ein Volumen von insgesamt 65 Mrd. Euro haben. Keine andere deutsche Bank dreht in Irland ein vergleichbar großes Rad.
10. August 2007: Die SachsenLB erklärt, "grundsätzlich keine Anzeichen für erhöhte Ausfallwahrscheinlichkeiten" zu haben. Das gelte auch für den Fonds Ormond Quay, der "an den Märkten als hochqualitative Struktur anerkannt und mehrfach prämiert" sei.
4. Juli 2007: Der Landtag beschließt die Umwandlung der SachsenLB in eine Aktiengesellschaft. Die Bank begrüßt das als "wichtigen Beitrag zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Landesbank und der öffentlich-rechtlichen Bankengruppe in Sachsen insgesamt". Geplant ist ein Einsteig der WestLB bei dem Institut.
17. April 2007: Die Landesbank verkündet für 2006 einen Rekordgewinn. Der Jahresüberschuss des Konzerns erhöhte sich um 50,3 Millionen Euro auf 56,5 (Vj: 6,2) Millionen Euro.
19. Juli 2006: Adrian Fitzgibbon, Architekt und Chef der Irland-Tochter SLBE, scheidet aus dem Konzern aus.
1. Juli 2005: Mit Herbert Süß wird der pensionierte Direktor der Dresdner Sparkasse zum neuen Vorstandschef bestellt.
1. März 2005: Herbert Klumpp wird interimistisch zum Vorstandschef bestellt. Wenige Woche später muss er wegen grober Illoyalität das Haus verlassen.
21. April 2005: Der Landtag beschließt die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, um Versäumnisse der Landesregierung bei der Kontrolle der SachsenLB aufzuklären.
April 2005: Ein im Auftrag der Finanzaufsicht BaFin erstellter Prüfbericht konstatiert gravierende Mängel bei der Aufsicht der Irland-Tochter SLBE, die zu diesem Zeitpunkt außerhalb der Bilanz bereits ein Portfolio von gut 30 Mrd. Euro verwaltet.
25. Februar 2005: Während einer dramatischen Landtagssitzung verkündet Ministerpräsident Milbradt, dass der Vorstandschef Michael Weiss und sein Kollege Rainer Fuchs von ihrem Amt zurücktreten. Beide Manager würden damit die "politische Verantwortung" für Unregelmäßigkeiten Bank übernehmen. Vorausgegangen war eine polizeiliche Durchsuchung der Konzernzentrale, bei der Unterlagen entdeckt worden waren, die den Verdacht einer Dokumentenfälschung erhärten. Ein Bericht dieser Zeitung hatte die Affäre ins Rollen gebracht.
20. Februar 2004: Der WELT-Bericht "Wie Gott in Leipzig" beleuchtet Missstände wie Vetternwirtschaft, Bespitzelung von Mitarbeitern und Luxusallüren von Führungskräften in der SachsenLB. Damit gerät das Institut über Monate hinweg in die Schlagzeilen und Ministerpräsident Milbradt unter Druck. Dieser stellt sich trotzdem bedingungslos hinter die skandalumwitterten Chefs der Bank. Um Kritiker zu besänftigen, werden mehrere Gefälligkeitsgutachten in Auftrag gegeben.
18. April 2002: Milbradt wird gegen den Willen Biedenkopf zum neuen Ministerpräsidenten gewählt. Zum Finanzminsiter und damit zum Oberaufseher Bank ernennt er Horst Metz.
31. Januar 2001: Ministerpräsident Kurt Biedenkopf entlässt seinen Finanzminister Milbradt, der damit auch seine Funktion in der Bank verliert. Zum neuen Verwaltungsratschef wird der heutige Kanzleramtschef Thomas de Maiziere (CDU) bestellt.
1. Januar 1992: Die SachsenLB wird gegründet, Verwaltungsratschef ist Milbradt.
Notiert von Uwe Müller