Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 29.08.2007

Milliardenrätsel Landesbank

Die Konfusion um Risiken bei der Sachsen-LB geht weiter. Fest steht nur, dass rund 250 Millionen Euro bereits verloren sind.
 
Dresden. Kredit-, Ausfall- und Liquiditätsrisiken, Abschreibungen und Wertberichtigungen – nach dem Notverkauf der Landesbank Sachsen (Sachsen-LB) an die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) schwirren in der Öffentlichkeit schier unglaubliche Milliarden-Summen herum. „Kraut und Rüben“, klagen Finanzmanager in Leipzig und Dresden. Das Finanzministerium wies Berichte über neue Risiken in zweistelliger Milliardenhöhe dennoch gestern erst Stunden später zurück.

Bislang steht nur fest: Erstens musste die Sachsen-LB mit gut 17Milliarden Euro von anderen Landesbanken gestützt werden, um liquide zu bleiben; zweitens sind durch Handelsgeschäfte am Kapitalmarkt nach SZ-Informationen bereits Verluste von 250 Millionen Euro entstanden, was – drittens – letztendlich zur Übernahme der Bank durch die LBBW führte. „Fest steht, dass bereits Verluste realisiert wurden“, teilte Sachsens Finanzminister Horst Metz (CDU) gestern mit. Deswegen habe die LBBW ja am Wochenende sofort mit 250Millionen Euro ausgeholfen. Dies sei, so Metz, „die einzig gesicherte Zahl“. Ferner müssten noch Kredite von 14 Milliarden Euro auf ihre Risiken geprüft werden. Wie hoch diese sein könnten, sei nicht bekannt. „Ich werde nicht über mögliche Risiken spekulieren. Das wäre töricht und gefährlich“, sagte der Finanzminister in Dresden.

Wie verworren derzeit die Lage ist, macht ein Bericht der Londoner „Times“ deutlich, demzufolge die britische Großbank Barclays in den 250-Millionen-Verlust der Sachsen-LB verwickelt ist. Die Briten dementierten das sofort, die Barclays-Aktie verlor jedoch an der Londoner Börse gut drei Prozent. Den bislang einzigen Hinweis auf eine Zusammenarbeit zwischen der Landesbank in Leipzig und Barclays gibt es im Sachsen-LB-Geschäftsbericht 2006. „Die ... in Zusammenarbeit mit Barclays Capital entwickelte ... Sachsen Funding plc. bietet den deutschen Sparkassen die Beteiligung an einem hochwertigen Portfolio“, heißt es dort.

Als weitgehend gesichert kann auch gelten, dass die Existenz der Sachsen-LB seit 1992 für den Freistaat – wenn alles gut geht – mit einem Nullsummen-Spiel endet: 692Millionen Euro steckte die Landesregierung eigenen Angaben zufolge bereits aus Steuergeldern bislang in die Landesbank. Die schüttete etwa 90 Millionen Euro als Gewinne an den Freistaat aus. Sollten bis zum Jahresende keine neuen Risiken und Verluste mehr auftauchen, dürfte die verbleibende Summe ziemlich genau dem entsprechen, was die LBBW für ihren Einkauf nach Dresden überweisen wird. Zum Vergleich: Vor wenigen Monaten hatten Finanzexperten noch rund 1,5 Milliarden Euro vom Landesbank-Verkauf erhofft.
Von Ulrich Wolf und A. Binninger