Karl Nolle, MdL

Süddeutsche Zeitung, 29.08.2007

"Mussten sofort handeln"

Ministerpräsident Milbradt zur Rettung der Landesbank
 
Dresden - "Wir haben 'ne Klatsche gekriegt, und zwar 'ne deftige", sagt Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt, "aber wir leben noch!" Am Tag nach der dramatischen Rettungsaktion für die Sachsen LB gibt sich der Regierungschef vergleichsweise entspannt: Immerhin sei es gelungen, das durch riskante Spekulationen und kurzfristig fällig gestellte Zahlungsverpflichtungen drohende Aus für die sächsische Landesbank noch im letzten Moment abzuwenden.

Allerdings: "Wenn der Super-GAU eingetreten wäre, säßen wir hier nicht", macht der CDU-Politiker am Montag bei einer Pressekonferenz deutlich, wie nah er und sein Finanzminister Horst Metz in den vergangenen Tagen am Abgrund entlanggeschlittert waren - ein Scheitern der Rettungsbemühungen für die Bank, die an die Landesbank Baden-Württemberg verkauft wurde, hätte vermutlich auch das Ende der Landesregierung bedeutet.

Die Rettungsbemühungen selbst bezeichnete Milbradt als "ein Rennen gegen die Zeit". Die Situation der Landesbank sei so prekär gewesen, dass das Institut gehalten gewesen sei, noch vor dem Montag und damit der Öffnung der Märkte eine Erklärung nach dem Wertpapiergesetz abzugeben - mit den eigenen Finanzmitteln aber wäre dies nicht mehr möglich gewesen, da die fälligen Verpflichtungen die Liquidität des Geldhauses überstiegen. Entsprechend hätte die Bank am Montag geschlossen werden müssen, so Milbradt: "Sie wäre liquidiert worden". Aus dieser Eile heraus sei es auch nicht mehr ratsam gewesen, den für den Verkauf der Landesanteile an der Sachsen LB eigentlich erforderlichen Landtagsbeschluss abzuwarten. "Wir mussten sofort handeln", so Milbradt.

Er war nach eigenen Angaben am 15. August erstmals per Telefon in seinem Urlaubsort in Ungarn über die Schwierigkeiten der Bank unterrichtet worden - "da geht es drunter und drüber", habe ihm eine Staatssekretärin über die Situation im Vorstand der Sachsen LB berichtet. Zu diesem Zeitpunkt war das Bankhaus bereits durch die riskanten Wertpapiergeschäfte einer Dubliner Tochtergesellschaft in Not geraten. Zunächst wurde der 17,3-Milliarden-Kredit des Sparkassen-Pools zur Absicherung der Risiken der Sachsen LB vereinbart.

Mittwoch vergangener Woche aber offenbarte sich plötzlich unabhängig von den langfristigen Risiken noch ein aktuelles Liquiditätsproblem: "Ein echter Schock", wie Finanzminister Horst Metz (CDU) sagt. Von anderen Geschäftspartnern war die Sachsen LB aufgefordert worden, bis zum vergangenen Donnerstag für Fälligkeiten in Höhe von etwa 250 Millionen Euro einzustehen.

Überdies drohten nach Informationen der Süddeutschen Zeitung weitere Zahlungsverpflichtungen von 350 Millionen Euro, die an diesem Montag fällig werden sollten. Alles in allem eine hoffnungslose Situation. Deshalb hatte die Landesregierung Mittwoch vergangener Woche begonnen, die Verkaufsvariante als letzte Rettungsmöglichkeit voranzutreiben, ab Freitag wurde konkret mit der Landesbank Baden-Württemberg verhandelt.
Von Christiane Kohl