Karl Nolle, MdL

Süddeutsche Zeitung, 27.08.2007

Marode Sachsen LB

Hektischer Verkauf nach Baden-Württemberg
 
Die sächsische Landesregierung hat den Eilverkauf des maroden Finanzinstituts an die Landesbank Baden-Württemberg beschlossen - die Form der Veräußerung ist in ihrer Dramatik bislang einmalig, aber die Hektik war begründet.

Um eine drohende Zahlungsunfähigkeit der Sachsen LB abzuwenden, hat die sächsische Landesregierung am Sonntag einstimmig den Eilverkauf des maroden Finanzinstituts an die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) beschlossen. Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) überging dabei den Landtag, der erst später dem Verkauf zustimmen soll.

Diese Form der Veräußerung einer deutschen Landesbank ist in ihrer Dramatik bislang einmalig. Sie sollte noch am Sonntagabend in einer Sitzung der Anteilseigner der Sachsen-Bank, die zu einem Teil dem Freistaat und zu einem anderen Teil einer Gruppe von sächsischen Sparkassen gehört, besiegelt und damit rechtsverbindlich beschlossen werden.

Die Hektik war begründet: Wie die Süddeutsche Zeitung aus Kreisen der Landesregierung erfuhr, drohte der nach Fehlspekulationen auf dem US-Hypothekenmarkt in Finanznot geratenen Landesbank bereits an diesem Montag die Zahlungsunfähigkeit, da sie fällig gewordene Verbindlichkeiten in Höhe von 600 Millionen Euro nicht mehr hätte zahlen können. Um die Pleite abzuwenden, hatte Bankenaufseher Jochen Sanio, der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), darauf bestanden, dass bis Sonntag 24.00 Uhr der Verkauf rechtsverbindlich zu organisieren sei, sonst werde die Bank am Montag geschlossen. Sanio war auch bei den Krisensitzungen in Dresden anwesend.

Da die Sachsen LB durch direkte und indirekte Anteile mehrheitlich dem Freistaat gehört, wäre nach der geltenden Gesetzeslage eigentlich ein Landtagsbeschluss für die Veräußerung notwendig gewesen. Milbradt berief sich jedoch auf einen Passus im Gesetz, wonach in Notsituationen auch das Landeskabinett allein entscheiden kann.

Sachsen LB wird nach Baden-Württemberg verkauft

Die Landesbank Baden-Württemberg wird noch heute die angeschlagene Sachsen LB übernehmen. mehr...Daraufhin verlangte ultimativ Thomas Jurk, als Vize-Ministerpräsident höchster Repräsentant des Koalitionspartners SPD in der Landesregierung, dass zumindest die Fraktionschefs der im Landtag vertretenen Parteien gehört werden müssten. Milbradt lud deshalb die Parteispitzen für Sonntagmorgen in die Staatskanzlei, später trat das Kabinett nochmals zusammen, um die drei Vertreter der Landesregierung im Gremium der Anteilseigner der Bank zu beauftragen, für den Verkauf zu stimmen.

Der Verkauf markiert das Ende eines beispiellosen Absturzes der Landesbank. Bereits vor einer Woche hatte der bundesdeutsche Sparkassenfonds der Sachsen LB einen Kredit mit einer Obergrenze in Höhe von 17,3 Milliarden Euro gewährt. Schon da hätte der Freistaat, dessen Haushalt gerade mal 16,3 Milliarden beträgt, nicht mehr allein für die Geschäfte der Bank geradestehen können.

Danach wurden SZ-Informationen zufolge jedoch weitere Verbindlichkeiten offenkundig, die der Bank zum Verhängnis wurden: Nach 250 Millionen Euro am Donnerstag sollten an diesem Montag weitere 350 Millionen Euro fällig werden. Die Gesamtsumme von 600 Millionen war mehr, als die Sachsen LB mit ihrem Stammkapital von 1,5 Milliarden Euro verkraften konnte.

Den Informationen zufolge wird die LBBW für die 600 Millionen Euro einstehen, darüber hinaus zahlen die Schwaben mindestens 300 Millionen Euro für die Übernahme der Bank. Milbradt sagte, die LBBW springe ,,nicht in ein schwarzes Loch‘‘. Im Falle außergewöhnlicher Risiken könne sie vom Kauf zurücktreten.

Die LBBW als größte und profitabelste unter den acht verbliebenen Landesbanken versucht seit langem, an der Neuordnung des öffentlich-rechtlichen Bankensektors mitzuwirken. Die Stärke der Stuttgarter Bank resultiert daraus, dass sie selbst Fusionsprodukt ist. 1999 schlossen sich SüdwestLB, Landeskreditbank und Landesgirokasse zur LBBW zusammen.
Von Christiane Kohl