Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 19:36 Uhr, 29.08.2007

Korruptionsaffäre - Staatsanwaltschaft sieht Ermittlungen durch Aktenfreigabe an Ausschuss gefährdet und betont Unabhängigkeit

 
Dresden (ddp-lsc). Einen Tag vor der zweiten Sitzung des Untersuchungsausschusses zur sogenannten sächsischen Korruptionsaffäre ist es am Mittwoch zu einem heftigen Streit um die Herausgabe von Verfassungsschutzakten gekommen. Die Staatsanwaltschaft Dresden teilte am Mittwoch mit, vorerst keine Akten an den parlamentarischen Untersuchungsausschuss übergeben zu wollen. Behördensprecher Christian Avenarius führte zur Begründung an, die Ermittlungen befänden sich derzeit noch in einem Stadium, in dem eine Akteneinsicht durch Dritte den Aufklärungserfolg beeinträchtigen könnte. Derweil äußerte die Opposition Zweifel an der Unabhängigkeit der Justiz und warf der Regierung vor, die Aufklärungsarbeit des Ausschusses zu behindern.

In dem Streit geht es um Kopien von Verfassungsschutzakten, die der Ausschuss zur Einsicht angefordert hatte. In einem Brief an den Ausschussvorsitzenden Klaus Bartl (Linke) hatte das Innenministerium die Herausgabe der Datensätze an das Gremium jedoch mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen vorerst verweigert.

Die Obfrau der Linken, Caren Ley, sagte, wenn der Ausschuss die Akten nicht erhalte, sei dies «ein verfassungswidriger Anschlag» auf seine Aufklärungsarbeit. Es könne nicht sein, dass die Regierung entscheide, welche Akten das Gremium bekomme. Der Verweis der Regierung auf Bedenken der Staatsanwaltschaft «bestärkt uns in unserem Zweifel daran, dass die sächsische Justiz bei diesem Thema wirklich unabhängig arbeitet».

Der FDP-Rechtspolitiker Jürgen Martens sprach von einer «Kriegserklärung des Innenministeriums« an das Parlament. Es sei nicht zu erkennen, welche Ermittlungserfolge durch die Übergabe der Kopien gefährdet sein könnten. Die Regierung versuche offenbar, die Aufklärung der Affäre weiter zu verzögern. Grünen-Obmann Johannes Lichdi sprach von einer erneuten Brüskierung des Landtags.

Avenarius sagte indes, die Erfahrung lehre, dass die notwendige Vertraulichkeit der Akteninhalte »gerade in öffentlichkeitswirksamen Angelegenheiten« nur schwer gewährleistet werden könne, sobald über den engsten Ermittlerkreis hinaus Akteneinsicht gewährt werde.

Avenarius fügte hinzu, der Staatsanwaltschaft Dresden gehe es »mitnichten darum, die Arbeit des Untersuchungsausschusses zu beeinträchtigen«. Seine Behörde habe sich gleichwohl gegen eine Aktenübersendung zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausgesprochen. Diese Bedenken bezögen sich jedoch nur auf die momentane Verfahrenslage und würden deshalb zwangsläufig nicht auf Dauer gelten, sondern allenfalls bis zum Abschluss der Untersuchung. Deren Ende sei jedoch nicht vorhersehbar.

Der Behördensprecher betonte: »Wir versichern allerdings, dem Untersuchungsausschuss und auch der Öffentlichkeit zum gegebenen Zeitpunkt umfassend Auskunft über die Ergebnisse unserer Untersuchung zu erteilen.« Im Übrigen verwahre sich die Staatsanwaltschaft gegen den »unsachlichen und ehrenrührigen Vorwurf« der mangelnden Unabhängigkeit. »Die Staatsanwaltschaft Dresden tanzt weder nach der Pfeife der Regierung noch nach der Pfeife der Opposition", betonte er.
Von Alessandro Peduto

ddp/ape/mwa
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