Karl Nolle, MdL

Agenturen, dpa/sn, 16:45 Uhr, 02.09.2007

Regierungskrise in Sachsen nach Notverkauf der Landesbank =

 
Dresden (dpa/sn) - Der Notverkauf der Landesbank hat Sachsens schwarz-rote Regierung in eine schwere Krise gestürzt. Am Samstag stellten führende Sozialdemokraten im Freistaat das Bündnis mit der CDU in Frage. SPD-Chef und Wirtschaftsminister Thomas Jurk sieht es bedroht. «Über Details der Defizite werden wir ganz in Ruhe mit dem Koalitionspartner sprechen. Das ist wesentlich für die Fortsetzung der Arbeit», sagte der 45-Jährige im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Es gehe nicht darum, die Koalition um jeden Preis fortzusetzen. Jurk ist auch stellvertretender Regierungschef.

Von der CDU-geführten Staatskanzlei war keine Stellungnahme zu erhalten. «Für die Arbeit der Koalition gilt: Die Koalitionspartner werden nur gemeinsam erfolgreich sein. Die Umfragen bestätigen das. Ich mahne daher zu Ruhe und sachlicher Arbeit», sagte Sachsens CDU- Generalsekretär Michael Kretschmer der dpa. «Sachsen hat in den vergangenen Monaten genug schwere Stunden erlebt. Die Koalition muss jetzt Tritt fassen und das Vertrauen der Bürger wieder rechtfertigen.» Ein Bündnis bewähre sich immer in schwierigen Zeiten, das sei der Koalition in Sachsen bisher immer gelungen.

CDU-Fraktionschef Fritz Hähle mahnte «trotz der weiterhin ernsten Lage zu weniger Aufgeregtheiten»: «Wir stehen zu dieser Koalition, denn Sachsen braucht auch weiterhin eine stabile verlässliche Regierungsmehrheit. Wir sind ein Bündnis der Vernunft bis zum Ende der Wahlperiode eingegangen.» Auch SPD-Generalsekretär Dirk Panter versuchte einzulenken. «Wir stehlen uns nicht aus der Verantwortung. Uns geht es aber um eine andere Qualität der Zusammenarbeit.» Alle relevanten Punkte sollten intern angesprochen werden. «Es ist nicht sinnvoll, so etwas über die Öffentlichkeit zu kommunizieren.»

Nach den Worten von SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss ist die Koalition ins Wanken geraten. Die Zusammenarbeit werde immer schwieriger, sagte Weiss am Samstag im Deutschlandradio. Für ihn persönlich würde ein weiterer Tropfen das Fass zum Überlaufen bringen. Über einen eventuellen Rückzug der SPD aus der Koalition müssten aber die Parteigremien entscheiden. Auch Jurk sieht «Handlungsbedarf.» Die SPD dürfe nicht für Dinge in Haftung genommen werden, die sie nicht zu verantworten haben. Jurk kritisierte die Informationspolitik der CDU in der aktuellen Bankenkrise.

Die Landesbank Sachsen stand wegen riskanter Geschäfte auf dem US- Hypothekenmarkt vor dem Aus. Am 26. August wurde sie eilig an die Landesbank Baden-Württemberg veräußert. Die Regierung berief sich auf eine Notlage, um das Geschäft ohne Zustimmung des Landtages abwickeln zu können. Auf einer Sondersitzung des Parlamentes am Freitag hatte Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) den Verkauf als einzig mögliche Lösung verteidigt. Auf Druck der Opposition kündigte Finanzminister Horst Metz (CDU) für 30. September seinen Rücktritt an. Auch Milbradt wurde mit Rücktrittsforderungen konfrontiert.

Am Sonntag bekräftigten die Linken ihre Forderung nach einer Amtsaufgabe. Milbradt müsse aus dem «sächsischen Chaos» endlich Konsequenzen ziehen und seinen Stuhl räumen, forderte Parteichefin Cornelia Ernst. «Da die Regierung offenkundig nicht willens oder in der Lage ist, das Problem zu lösen, muss das Parlament handeln», erklärte der Chef der Linksfraktion im Landtag, André Hahn. Die Fraktion werde am kommenden Dienstag zu einer Sondersitzung zusammenkommen und das weitere Vorgehen beraten: «Eine mögliche Option ist dabei auch die Einleitung eines förmlichen Verfahrens zur Durchführung von Neuwahlen im Freistaat Sachsen».

Dies hatte am Freitag bereits die FDP verlangt. «Die CDU/SPD- Landesregierung hat die politische und moralische Integrität zur Führung des Freistaates Sachsen verloren», sagte Generalsekretär Torsten Herbst am Sonntag. «Das katastrophale Krisenmanagement und der Dauerkonflikt zwischen CDU und SPD lähmen die Landespolitik. Die Bürger erwarten von ihrer politischen Führung jedoch Handlungsfähigkeit.» Es sei nicht hinnehmbar, dass Stolz und Würde des Landes durch eine unfähige Regierung schweren Schaden nähmen. Wenn die Kraft zur Selbstreinigung fehle, müssten Neuwahlen her.

dpa su yysn z2 hro
021645 Sep 07