Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 01.09.2007

Die Regierungskrise ist noch längst nicht ausgestanden

Kommentar von Annette Binninger über die Bankkrise und den Rücktritt von Finanzminister Metz
 
Wieder ein Abgang. Das Landesbank-Desaster hat ein weiteres Opfer. Diesmal mit Finanzminister Horst Metz (CDU) erstmals in der Politik. Und das zu Recht. Auch wenn noch längst nicht alle Schuldfragen geklärt sind in diesem Finanzdebakel für den Freistaat – dass der Finanzminister daran unbeteiligt sein sollte, glaubt wohl keiner.

Der Rücktritt von Metz war überfällig. Obwohl die Opposition ihn seit Tagen gefordert hatte, kam er am Freitag dann aber doch überraschend. „Ich bin krisenfest.“ Dieser erst eine Woche alte Metz’sche Satz verhieß ein stures Festklammern am hoch dotierten Ministerposten. Mit seinem Rücktritt hat Metz die sture Logik durchbrochen, mit der seit Monaten Krisen in der Landesregierung trotzig ausgesessen werden. Metz hätte wie der durch die Verfassungsschutz-Affäre geschwächte Innenminister Albrecht Buttolo durchaus weiter auf den Schutz von Regierungschef Georg Milbradt bauen können. Der wollte beide unbedingt halten.

Doch Metz ist nicht nur Finanzminister, sondern sollte die Landesbank als Verwaltungsratschef auch kontrollieren. In beiden Funktionen trägt er die politische Verantwortung für das größte finanzpolitische Abenteuer des Freistaats. Dass Metz dennoch nicht länger gewartet und den Termin seines Abgangs selbst gesetzt hat, zumindest dafür gebührt ihm Respekt. Mit seinem frühen Abgang hat er sich vermutlich manches erspart, was Sachsen in den kommenden Monaten an Schreckensmeldungen erst noch bevorstehen könnte.

Das Überleben der Landesbank ist zwar durch den dramatischen Notverkauf an Baden-Württemberg gesichert. Aber die Verluste – jetzt schon gibt es mindestens eine Viertelmilliarde Euro – drücken schwer. Zudem kann derzeit niemand sagen, welche Belastungen noch auf das Land und seine fleißigen Steuerzahler zukommen. Vielleicht muss Sachsen sogar noch etliche Millionen nachschießen. Und die Schlussrechnung des jäh geplatzten Traums von der eigenständigen Landesbank kommt erst noch. Am Ende könnte ein Minus von einigen hundert Millionen Euro stehen. Und die bittere Erkenntnis: Hätte sich Sachsen eher von seiner Landesbank getrennt, sie etwa vor einigen Monaten verkauft, wäre dem Freistaat dieses Finanzdesaster erspart geblieben.

Wir erinnern uns: Vor einer Woche tönten Metz und Milbradt noch, dem Freistaat sei durch den Notverkauf der Landesbank „kein Schaden entstanden“. Ein Satz wie ein Beruhigungspille. Schwer zu schlucken und mit zeitlich äußerst begrenzter Wirkung.Mit dem Rücktritt aller Bank-Vorstände und der Schlüsselfigur Metz darf die Fehlersuche aber jetzt nicht enden. Der Fokus richtet sich nun auf den Verwaltungsrat. Die 20 Mitglieder – darunter Minister, Landräte, Abgeordnete –, hätten auch die Kennzahlen des hoch riskanten Dublin-Geschäfts kennen müssen, das letztlich zum Zusammenbruch der Bank führte. Wohl gemerkt: Sie hätten ihnen vorliegen müssen. Aber konnten sie das komplizierte Kredit- und Auslandsgeschäft einer Großbank auch einschätzen? Hierin könnte außer in persönlichem Versagen einer der Systemfehler liegen.

Noch schwerer hat es ab heute Georg Milbradt. Sein „Schutzschild“ Metz ist weg. Alle weiteren Katastrophen, die der Bank-Verkauf jetzt noch nach sich zieht, treffen ihn jetzt direkt. Mitte September stellt sich der 62-Jährige zur Wiederwahl als CDU-Landeschef. Der Schaden könnte für die Union nicht größer sein. In ihren Kernkompetenzfeldern Innere Sicherheit und Finanzen hat sie ihre Glaubwürdigkeit schwer beschädigt. Und einen Regierungschef, der alleine wirkt, wie unter Schock zu stehen scheint. Die Regierungskrise in Sachsen ist noch längst nicht ausgestanden. Und ihr nächstes Opfer könnte Georg Milbradt heißen, wenn ihn die Partei in zwei Wochen für die Dauer-Misere abstrafen sollte.