Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 03.09.2007
Umgangston wird schärfer
SPD kritisiert Union / Kabinettsumbildung für Ende September erwartet
Dresden. Am Wochenende nach der Landtags-Krisensitzung zur SachsenLB und dem Abschied von Finanzminister Horst Metz (CDU) geht es in der Koalition von Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) abermals drüber und drunter. Aus der SPD hagelt es heftige Kritik an der CDU-Riege – und wieder einmal wird die Koalition in Frage gestellt. SPD-Chef Thomas Jurk, der sich gegenüber dieser Zeitung bereits über die schlechte Informationspolitik beim Notverkauf der Landesbank beklagt hatte und das Vertrauen beschädigt sieht, deutet an: Man müsse die Koalition ja nicht um jeden Preis fortsetzen.
Auch Fraktionschef Cornelius Weiss sieht die Zweckehe ins Wanken geraten. Er beklagt, die Geduld vieler SPD-Abgeordneter sei ausgereizt, was SPD-Schwergewicht Karl Nolle bestätigt: „Wir sind in einer ernsten Vertrauenskrise.“ In sachlichen Fragen und im Umgang miteinander müsse die Zusammenarbeit eine neue Qualität bekommen. „Kommunikationspolitik nach Gutsherrenart ist keine Basis für eine Zusammenarbeit.“ Die Generalsekretäre beider Parteien würden bereits über Nachbesserungen im Koalitionsvertrag reden, bestätigt Nolle einen Bericht der Zeitung Die Welt. Doch SPD-General Dirk Panter schlägt moderatere Töne an: „Uns geht es nicht um einen Ausstieg aus der Koalition, sondern um einen besseren Umgang. Dazu müssen wir klare Vereinbarungen treffen.“
Die CDU hält sich trotz der Attacken der SPD-Spitzen merklich zurück. CDU-General Michael Kretschmer sagt lediglich, er halte nichts von Schuldzuweisungen. „Eine Koalition handelt immer gemeinsam. Ich mahne daher zu Ruhe und sachlicher Arbeit.“ Sachsen habe in den letzten Monaten „genug schwere Stunden erlebt“, so Kretschmer. „Die Koalition muss jetzt Tritt fassen und das Vertrauen der Bürger rechtfertigen.“
Auch CDU-Fraktionschef Fritz Hähle bekennt sich klar zum Regierungsbündnis. „Wir stehen zu dieser Koalition, denn Sachsen braucht eine stabile verlässliche Regierungsmehrheit.“ Die Parteien seien ein Bündnis der Vernunft bis zum Ende der Wahlperiode eingegangen. „Daran hat sich für uns nichts geändert“, sagt Hähle. „Vertrauen und Zutrauen sind gerade jetzt gefragt.” Offenbar haben die Christdemokraten gerade jene Umfragen schockiert, die der Union nur noch 37 und 38 Prozent voraussagen – weit entfernt von einer erhofften absoluten Mehrheit. Zudem hat die CDU genug mit sich selbst zu tun.
Ein neuer Finanzminister muss gefunden werden (nach CDU-Haushälter Matthias Rößler und Staatssekretär Wolfgang Voß wird dafür in der Fraktion der Abgeordnete Roland Wöller gehandelt). Zudem muss der angeschlagene Ministerpräsident zum Parteitag am 15. September bei vielen Funktionären, Abgeordneten und Kommunalpolitikern Vertrauen zurückgewinnen. Bekäme Milbradt bei seiner Wiederwahl als Parteichef nur ein Ergebnis von deutlich unter 70 Prozent, wird es heikel.
„Ich habe eine Schmerzgrenze“, ließ Milbradt bereits durchblicken. Parteiintern erwartet wird, dass er erst nach dem Parteitag zum Paukenschlag ausholt – und beim Ausscheiden von Horst Metz zum 30. September nicht nur einen neuen Finanzminister benennt, sondern das Kabinett gründlich umbildet.
Von SVEN HEITKAMP