Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 14.09.2007

Milbradt vor der Machtprobe

238 Parteitagsdelegierte der CDU entscheiden morgen über das Schicksal des Regierungschefs.
 
Wenn die Regie des Parteitages am kommenden Sonnabend in Mittweida stimmt, wird Georg Milbradt gegen 14 Uhr wissen, ob er CDU-Landesvorsitzender und in Folge auch Sachsens Ministerpräsident bleibt.

Mit einem Ergebnis von 76,9 Prozent wurde er vor zwei Jahren das drittemal nach 2001 und 2003 ins Amt des Parteichefs gewählt – ohne einen Gegenkandidaten. „Ein ehrliches Ergebnis“, kommentierte er selbst. Die nun geplante Wiederwahl in der Mittweidaer „Sporthalle am Schwanenteich“ dürfte aber noch mühsamer werden. Enorm wichtig ist sie ohnehin. Immerhin muss Milbradt damit auch seinen Anspruch auf den Spitzenplatz am Dresdner Kabinettstisch untermauern. Doch die Negativ-Schlagzeilen der vergangenen Wochen – Korruptionsaffäre, Notverkauf der Landesbank und schlechte Umfragewerte für Sachsens CDU – sorgen für etliche Fragenzeichen. Niemand vermag vorauszusagen, wie viele der 238 Parteitagsdelegierten ihn bei der geheimen Wahl erneut unterstützen oder ihn durch Gegenstimmen politisch abstrafen werden.

Fall 1: Grosse Zustimmung

Sollte Georg Milbradt trotz der aktuellen Probleme diesmal deutlich mehr als 76,9 Prozent Zustimmung erhalten, wäre das für ihn ein großartiger Befreiungsschlag. Nicht nur die Kritiker im eigenen Lager, sondern auch die in den anderen Parteien müssten anerkennen, dass er die sächsische CDU wieder klar hinter sich gebracht hat. Für künftige Entscheidungen von der Tagespolitik bis zu Personalien hätte der Regierungschef wieder freie Hand. Auch die von Georg Milbradt angestrebte CDU-Spitzenkandidatur bei der nächsten Landtagswahl im Herbst 2009 wäre ihm damit vorerst nicht mehr streitig zu machen.

Fall 2: Kein Rückhalt

Anders sieht es aus, wenn Milbradt überhaupt nicht oder mit einem sehr knappen Ergebnis gewählt wird – zum Beispiel mit nur wenig mehr als 50 Prozent der Delegiertenstimmen. Dann droht noch in Mittweida der Rückzug. Ein Scheitern oder seine folgende Verweigerung der Annahme der Wahl zum CDU-Chef hätte für ihn und die Partei Konsequenzen. Während Milbradt danach auch als Regierungschef zurücktreten dürfte, muss die CDU schnell einen Notfallplan umsetzen. Die personellen Alternativen heißen dann ganz klar Thomas de Maizière – zurzeit Chef des Bundeskanzleramtes – und Kultusminister Steffen Flath (siehe auch Beitrag unten).

Fall 3: Schwacher Erfolg

Behauptet sich Milbradt dagegen mit einem Ergebnis, das in etwa im Bereich seiner Wahl von 2005 liegt, bleibt er politisch am Ruder. Der CDU-Chef und Ministerpräsident muss künftig jedoch deutlich mehr Kompromisse eingehen. Vor allem bei der von ihm angekündigten Umbildung der Regierung wird er um eine Aufwertung von Flath und Co. nicht herumkommen.

Milbradts Karriere wird später davon abhängen, ob er sich in der Konstellation erfolgreich als Regierungschef in Szene setzen kann und die Aufbauleistungen im eigenen Land öffentlich stärker honoriert bekommt. Nicht zuletzt dafür muss er auf ein schnelles Ende der jüngsten Affären hoffen. Gelingt das, kann Milbradt auch 2009 an der Spitze stehen. Anderenfalls kommt es zum Führungswechsel.
Von Gunnar Saft