Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 15.09.2007

Nörgler hinter den Büschen

In der Bundes-CDU wächst die Sorge um die schwächelnde Herzkammer Sachsen
 
Berlin/Dresden. Das Berliner Hilfsangebot – Teilnahme von CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla am Wahlparteitag von Sachsens krisengerüttelter CDU – hat Landeschef und Ministerpräsident Georg Milbradt abgelehnt. Ihm genügte als Gastredner der Parteifreund Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble. Der ist krisenerfahren. Alles im Griff, ließ er andere CDU-Bedenkenträger in Berlin wissen. Erst die Wiederwahl bei der CDU, dann der Kabinetts-Befreiungsschlag – so sein Plan. Die Feststellung („Besorgnis erregende Lage“) von CDU-Vize Steffen Flath klingt etwas anders. Einige unruhig scharrende Parteigänger fühlen sich bestätigt: „Der Georg“ sei „Eigenbrötler“. Man erzählt sich, dass sich Flath und Kanzleramtsminister Thomas de Maizière – der von Merkel wie von Kurt Biedenkopf schwer geschätzte Mann mit Familie in Dresden – ganz schnell einig werden könnten, um in die Wahl 2009 mit dem Flath als Fraktionschef und mit gern „dem Thomas“ genannten de Maizière als Ministerpräsidenten-Kandidat zu gehen. Das wäre das Signal für den Neuaufbruch für die Union im Osten.

Es gibt eine nicht unbeträchtliche Zahl Nörgler hinter den Büschen. Dabei sind aktive und ruheständlerische CDU-Aktivisten aus Bund und Land. Man traf sich in jüngster Zeit häufig. Auch ältere Manager wollen anderen zeigen, was wichtig ist, was sie können. „Bellheimer“ sprachen viele Einladungen aus. Aber keiner mag so recht an einen freiwilligen Übergangs-Manager Georg Milbradt glauben. Ob es wie beim „Erlkönig“ werden könnte – „Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt“ – wird vorsichtshalber nicht zu Ende diskutiert. Man erhofft sich sogar den Zuspruch der Kanzlerin und CDU-Bundesvorsitzenden. Schließlich ist die reguläre Sachsen-Wahl 2009 nur wenige Wochen vor der Bundestagswahl zu erwarten. Bei der geht es für Merkel ums Ganze. Deshalb könne sich niemand einen „Linksrutsch“ im Osten leisten, schon gar nicht in der „Herzkammer“ Sachsen. Fürs Nationale wird auch noch daran erinnert, dass der Freistaat „ein Leuchtturm“ im Annäherungsprozess von Ost zu West war. Der Solidarpakt, der West und Ost bis 2019 zusammen hält, beruhe nur auf politischen Festlegungen. Rechtsverbindlich ist das nicht unbedingt. Wenn in Sachsen die Union weiter schwächele, wenn eine erstarkte Linke oder/und eine Schein-Autorität versprechende NPD punkte, dann könnte in mancher westdeutscher Polit-Stube die Scheu des Eingriffs in den Soli-Pakt fallen.

Also müsse man in Sachsen 2009 „mit frischen Wind“ eine politische Entscheidung suchen. Prominente Zeitzeugen, bis hin zu Helmut Kohl, Lothar Späth und Kurt Biedenkopf werden als Helfer genannt. Milbradt sei „der beste zweite Mann“, den man sich vorstellen könne, wird geraunt. Einer seiner offiziellen Gefolgsleute nennt vertraulich immerhin ein Beispiel. Statt zu sagen, er selbst habe damit nichts zu tun, hätte Milbradt bei der Landesbank-Krise hausgemachte Fehler einräumen, sich kräftig bei den Baden-Württembergern für die Hilfe bedanken sollen. Daraus hätte sogar eine große ost-west-deutsche Solidaritätsrede zum 3. Oktober werden können. Vielleicht könnte sich Anfang nächsten Jahres „ein Zeitfenster“ öffnen, spekuliert der Gesprächspartner. Wenn die Abschlussbilanz der Landesbank gemacht würde, wenn mit der Gemeindegebietsreform und der Kommunalwahl noch manches hochkommen könne, „so dass ich in dieser Zeit ein freiwilliges Angebot für die Zeit nach 2009 nicht ausschließe“.

Michael Luther, Chef der Sachsen-CDU-Gruppe im Bundestag, meint: „Die CDU in Sachsen muss zeigen, dass sie zusammenstehen und auch weiter regieren will. Wenn Milbradt 2009 wieder Ministerpräsident werden will, kann diesem Land nichts besseres passieren als ein Georg Milbradt. Der führt das Land mit straffer Hand.“ Sicherheitshalber fügt er, gefragt nach einer möglichen Biedenkopf-Rolle, noch an: „Er mischt sich nicht in die aktuelle Politik ein. Das ist vernünftig. Jetzt ist Georg Milbradt dran.“