Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 20.09.2007

Akten-Affäre: Ermittelten Staatsanwälte rechtswidrig?

 
DRESDEN - Neue Panne in der Akten-Affäre: Die hochgeheimen Dokumente des Verfassungsschutzes dürfen laut Gesetz nur sicherheitsüberprüfte Staatsanwälte auswerten. Doch das war in Sachsen nicht der Fall.

Die Panne flog auf, als Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) in einem Brief an den Untersuchungsausschuss weitere Hürden zur Akteneinsicht aufstellte. Neben einem verfassungskonformen Untersuchungsauftrag und dem Einverständnis von Landesämtern und Staatsanwaltschaft forderte Buttolo jetzt auch die Sicherheitsüberprüfung aller Mitarbeiter des Untersuchungsausschusses - und zwar in der höchsten Stufe Ü 3. Eine solcher Check durch den BundesVerfassungsschutz bedeutet laut Experten nicht nur die gründliche Ausforschung des persönlichen Lebens der Mitarbeiter, sondern könne auch noch bis zu einem halben Jahr dauern.

Laut Gesetz sind von einer solchen Sicherheitsüberprüfung lediglich Abgeordnete und Richter ausgenommen - nichtaber Staatsanwälte, die als „Verschlusssache" deklarierte Dokumente bearbeiten. In einem der Morgenpost vorliegenden Schreiben an Landtagspräsident Erich Iltgen (CDU) räumt nun Innenstaatssekretär
Klaus Fleischmann ein, dass die Dresdner Ermittler in der Akten-Affäre nicht sicherheitsüberprüft wurden. Das Landesamt für Verfassungsschutz habe die Generalstaatsanwaltschaft jedoch auf die Geheimhaltung hingewiesen.

Sollte das zutreffen, hätte die Staatsanwaltschaft die Verfassungsschutz-Akten rechtswidrig ausgewertet. „Die wenigsten von uns sind sicherheitsüberprüft, aber wir unterliegen Geheimhaltungspflichten", sagt dagegen Dresdens Oberstaatsanwalt Christian Avenarius. Das Justizministerium äußerte sich gestern nicht dazu. Unterdessen zog aber Innenminister Buttolo eine für nächste Woche geplante Regierungserklärung zur Akten-Affäre zurück. Das heizte erneut Spekulationen an, dass Buttolo schon nächste Woche nicht mehr im Amt sein könnte. SPD-Mann Karl Nolle zu diesen „Pirouetten des Koalitionspartners": „Die CDU hat ein Schleudertrauma, obwohl sie auf ihrem Parteitag gar keine Vollbremsung gemacht hat."
Von Stefan Locke