Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 21.09.2007

Akten-Affäre bizarr: Höchste Sicherheit für "heiße Luft"

 
DRESDEN - Hat die Staatsanwaltschaft bei der Auswertung der Geheimdienst-Akten gegen das Gesetz verstoßen? Ja, sagt das Innenministerium. Nein, behauptet das Justizministerium. Einig sind sich beide nur in einem: Die Akten bleiben geheim!

Für alle Personen, die mit den Akten des Sächsischen Verfassungsschutzes in Berührung kommen, gilt die höchste Sicherheitsstufe Ü 3. Die meisten Staatsanwälte aber, die sich seit Juni durch die rund 100 Akten-Ordner wühlen, haben keine Sicherheitsüberprüfung (Morgenpost berichtete). Ein klarer Verstoß gegen das Gesetz, der die Ermittlungsergebnisse gefährdet. Doch das Justizministerium sieht das anders: „Wir halten die Akten auch ohne Sicherheitsüberprüfung der Ermittler für voll verwertbar", sagt Sprecher Martin Marx.

Innen-Staatssekretär Klaus Fleischmann aber bekräftigte, dass es auch für Staatsanwälte eine Verpflichtung zur Sicherheitsüberprüfung gibt. Der SPD-Abgeordnete Karl Nolle stellte deshalb gestern Strafanzeige wegen Verdachts auf Verletzung von Dienstgeheimnissen sowie besonderer Geheimhaltungspflichten bei der Staatsanwaltschaft. Für ihn steht fest: ‚Ahne Sicherheitsüberprüfung ist die monatelange Arbeit der Ermittler für die Katz."

Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft fordert das Innenministerium nun jedoch eine Überprüfung aller Mitarbeiter des Untersuchungsausschusses zur Verfassungsschutz-Affäre im Landtag. Das aber kann bis zu zwölf Monate dauern. Völlig überzogen", sagt Ausschuss-Chef Klaus Bartl. „Ein Mitarbeiter des Landtags ist doch nicht weniger vertrauenswürdig als einer der Staatsanwaltschaft." Bartl fordert deshalb, die Sicherheitsstufe herabzusetzen. Nicht zuletzt, weil die Informationen in den Akten laut Ermittlungs-Chef Drecoll nichts als „heiße Luft" sein sollen. Die Sicherheitsstufe Ü 3 abergilt für extrem staatsgefährdende Informationen. Ode sollten diese sich etwa doch noch in den Akten finden?
Von Stefan Locke