Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 18:20 Uhr, 11.10.2007

Opposition präsentiert Zeugen - Anwälte wollen zur Korruptionsaffäre aussagen

Experte hält U-Ausschuss für verfassungskonform
 
Dresden (ddp-lsc). In der sogenannten Korruptionsaffäre in Sachsen erhöht die Opposition den Druck auf das Regierungslager. Einen Tag, nachdem ein von Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) eingesetztes Expertenteam dem sächsischen Verfassungsschutz schwere Pannen beim Erstellen einer Aktensammlung bescheinigte, die als Auslöser der Affäre gilt, präsentierte die Linksfraktion am Donnerstag zwei Rechtsanwälte, die sich öffentlich zu Zeugenaussagen im Untersuchungsausschuss des Landtags bereit erklärten. Zugleich übergab ihre Obfrau Caren Lay dem Ausschuss 30 Akten zu bis Mitte der 90-er Jahre zurückliegenden Vorgängen in der sächsischen Justiz.

Justizministerium und CDU kritisierten den Vorstoß der Linksfraktion scharf. CDU-Ausschussobmann Christian Piwarz sprach von einem «neuen Tiefpunkt der PDS-Desinformationskampagne». Der Sprecher des Justizministeriums, Martin Marx, warf der Linken einen «öffentlichen Schauprozess» vor.

Nach dem Willen der CDU/SPD-Koalition soll der am Donnerstag in Dresden tagende U-Ausschuss erst dann seine Arbeit fortsetzen, wenn geklärt ist, ob er auf rechtmäßiger Grundlage steht. Mit einem entsprechenden Urteil des Verfassungsgerichts wird indes frühestens Anfang 2008 gerechnet. Entsprechende Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Gremiums waren zuletzt in zwei im Auftrag des Justizministeriums erstellten Expertisen laut geworden.

Dieser Einschätzung widersprach am Donnerstag jedoch der Prozessbevollmächtigte des Untersuchungsausschusses, Martin Morlok. Grüne, FDP und Linke, auf deren Drängen der Ausschuss vom Landtag eingesetzt wurde, nahmen das Votum des Düsseldorfer Rechtsprofessors als Bestätigung und forderten von der Koalition ein Ende der Blockade.

Auf einer Pressekonferenz der Linksfraktion äußerten sich der Kölner Strafverteidiger Ulrich Sommer sowie der Leipziger Jurist Steffen Soult zu aus ihrer Sicht fragwürdigen Vorgängen in der sächsischen Justiz. Während Sommer nach eigenen Angaben immer noch einen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilten Mann vertritt, gehörte Soult zu den Anwälten eines früher mit der Bekämpfung der organisierten Kriminalität (OK) befassten Polizisten.

Sommer, dessen Mandant im Zusammenhang mit einem Überfall auf den ehemaligen Chef-Juristen der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB), Martin Klockzin, 1994 verurteilt wurde, kündigte an, innerhalb eines Monats einen neuen Antrag auf Wiederaufnahme des damaligen Verfahrens zu stellen. Er bezeichnete den Fall als sein «schrecklichstes Erlebnis mit der deutschen Justiz». Die Hintermänner des Anschlags auf Klockzin seien mit einer Geldstrafe davongekommen, während Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) ein Gnadengesuch seines immer noch einsitzenden Mandanten abgelehnt habe.

Soult erinnerte an eine mit «völlig unverhältnismäßigem Aufwand» betriebene Durchsuchung des Landeskriminalamts vor fünf Jahren bei dem damaligen OK-Referat der Leipziger Polizei. Aus seiner Sicht habe das folgende Gerichtsverfahren gegen seinen früheren Mandanten dazu gedient, die Führung der OK-Abteilung «kaputt zu machen».

Die Leipziger Vorgänge um Klockzin und das damalige OK-Referat gelten als zentraler Punkt der Affäre, in der auch die Datensammlung des Verfassungsschutzes eine Rolle spielen soll. In dem Aktenkonvolut ist nach Medienberichten von Verbindungen sächsischer Politiker und Justizbeamter zum organisierten Verbrechen die Rede.

(Quellen: Sommer und Soult vor Journalisten in Dresden; alle anderen in Mitteilungen)
Von Tino Moritz

ddp/tmo/ple
111820 Okt 07