Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, Seite 4, 07.11.2007

Die späte Rache des Kanalarbeiters

Karl Nolle attackiert Milbradt und erinnert dabei auch an seine Rolle beim Ende der Ära Biedenkopf — Staatskanzlei schweigt
 
Dresden. Wenn Karl Nolle einige Wochen nicht in den Schlagzeilen stand, herrscht in der sächsischen Politikszene Alarmstufe 1. Zu Recht, wie das SPD-Schwergewicht gestern wieder bewies. Ins Visier nahm Nolle diesmal Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) und dessen Generalsekretär Michael Kretschmer.

Zuletzt hatte der Druckereichef mit Koalitionstreue überrascht, der neue Staatskanzleichef Michael Sagurna tauschte sich mit Nolle in einem Gespräch aus. Umso mehr erwischte er die Unionsspitzen mit der Veröffentlichung eines Briefes, den er am 14. September auch an die eigene Partei-Führung geschrieben hatte, auf dem falschen Fuß. Darin hatte er sich gegen Vorwürfe von Kretschmer zur Wehr gesetzt und „Doppelmoral und Rücksichtslosigkeit" in der CDU gegeißelt.

Nolles Verrat von Umständen und Personen, die im Spätherbst 2001 zum Sturz von Kurt Biedenkopf und der Machtübernahme von Georg Milbradt führten, dürfte die Union deswegen überraschen, weil Generalsekretär Kretschmer mit einer Unterlassungserklärung den Streit scheinbar beigelegt hatte.

Kretschmer hatte dem SPD-Mann wegen seiner bissigen Kommentierung des Sachsen-LB-Notverkaufs „hasserfüllte Dauerattacken" auf den Ministerpräsidenten und das bewusste Verbreiten von Unwahrheiten vorgeworfen. Kretschmer gab juristisch klein bei. Er könne den Vorwurf nicht belegen und unterschrieb eine Unterlassungserklärung. Damit schien der Fall erledigt.

Nicht für Nolle. In dem jetzt verbreiteten Schreiben an CDU und SPD berichtet er, wie er sich von Milbradt-Freunden in der Auseinandersetzung mit Biedenkopf instrumentalisieren ließ, unter anderen mit gezielten Informationen, die er in parlamentarische Anfragen umsetzte. Ziel sei es gewesen, Biedenkopf in die Enge zu treiben. Im Kampf gegen den heutigen Ministerpräsidenten wirft Nolle diesem vor, den geforderten hohen moralischen Ansprüchen nicht zu genügen und unterstellt ihm, mehr über Details der Landesbank gewusst zu haben, als er öffentlich zugibt.

Die Staatskanzlei nahm zu Nolles Attacke keine Stellung. Dagegen hieß es in Koalitionskreisen, Nolle verbrenne aus Eitelkeit seine Informanten. Das werde seine Aufklärerrolle zunehmend erschweren.