Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, Seite 4, 12.11.2007

Beschmutztes Nest - Ex-Minister Rößler lädt öffentlich seinen Frust ab

Kommentar von Hubert Kemper
 
Matthias Rößler hat sich zu Wort gemeldet. Eigentlich nichts Ungewöhnliches für einen Mann, der zwischen 1994 und 2004 als Kultus- und später als Wissenschaftsminister ein Menge zu sagen hatte. In der "Süddeutschen Zeitung" lobte er am Samstag den Fleiß der Sachsen und die Erfolge beim Nachwende-Wiederaufbau. Doch an das Ende seines überwiegend staatstragend formulierten Beitrages hat Rößler einige Sprengfallen eingebaut. Etwa diese: „Wir brauchen jedoch eine Politik in, für und von Sachsen – auch an der Spitze des Freistaates. Die Regierenden sollten aus der Mitte der Sachsen kommen."

Die Zündkraft dieser Sätze imponierte dem im Basteln politischer Bomben ausgewiesenen Profi Karl Nolle von der SPD so gut, dass er sofort seinen Affären bewährten SMS-und E-mail-Verteilapparat in Gang setzte. In Rößler hat er offensichtlich einen Verbündeten entdeckt im Kampf gegen seinen Lieblings-Gegner: Ministerpräsident Georg Milbradt. Wenn auch noch in Frageform versteckt, so sprichtjetzt auch der CDU-Finanzpolitiker Rößler die offenen Risiken des Sachsen-Bank-Debakels an.

Rößler, der Wendepolitiker vorn Demokratischen Aufbruch, hat das überregionale Zeitungsforum erstaunlich offen zu einer Abrechnung mit dem Ministerpräsidenten und CDU-Vorsitzenden genutzt. Er bewertet die sächsische Herkunft eines künftigen Ministerpräsidenten offensichtlich höher, als dessen Qualifikation.

Was hat Milbradt falsch gemacht, dass neben Nolle nun auch Rößler so unzweideutig seine Ablösung herbeiwünscht? Im Fall Nolle liegt die Antwort nah: Milbradt hat er es versäumt, ihn als Koalitionspartner auf einem wichtigen Posten in die Regierungsarbeit einzubinden. In diesem Punkt hilft Nolle sogar mit der ihm eigenen Offenheit weiter und bemüht das schöne Gleichnis vom Nomaden und seinem Kamel. Der Nomade, so erzählt Nolle, nimmt das Kamel mit in sein Zelt, damit es von innen nach außen pinkelt – und so verhindert, dass das Nest von außen beschmutzt wird. Offensichtlich kennt Ex-Minister Rößler dieses Gleichnis auch.