Karl Nolle, MdL

Frankfurter Rundschau, 06.12.2007

Wildwest in Sachsen

Zocken der Landesbank erschreckt Beschäftigte
 
Leipzig. Vom Mittleren Westen der USA ins Erzgebirge ist es manchmal gar nicht so weit. Jedenfalls wenn es um die Folgen der Immobilienkrise geht, die hiesige Steuerzahler noch teuer zu stehen kommen könnte. Die sächsische Landesbank war wegen der Geschäfte ihrer irischen Tochter mit Wertpapieren, die auf Forderungen wie US-Hypotheken basieren, ins Schlingern geraten. Die SachsenLB musste in einer Rettungsaktion Ende August an die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) verkauft werden. Deshalb droht auch Stellenabbau am Sitz des Geldhauses in Leipzig - entgegen der Beteuerungen beim Verkauf.

Streitpunkt Sozialplan

Wie die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) berichtet, rechnen die Verantwortlichen der Bank mit künftig 300 Stellen in Leipzig; derzeit sind hier 370 Männer und Frauen direkt bei der SachsenLB beschäftigt. Momentan wird für die Muttergesellschaft über einen Sozialplan verhandelt. Die Gespräche seien jedoch ins Stocken geraten, sagt Gewerkschaftssekretär Stefan Wittmann. Strittig ist die Höhe der Abfindungen. Die Verantwortlichen der LBBW wollten diese an die Regelungen bei der Übernahme der BW-Bank anlehnen - und keine höheren Standards für künftige Zukäufe setzen. Der Leipziger Personalrat beklagt, dass die Zahl der möglichen Berufsjahre bei der 1992 gegründeten ostdeutschen Landesbank wesentlich niedriger ist als im Westen und möchte die Berechnungsformel ändern. Darüber hinaus bangen Beschäftigte in Tochtergesellschaften um ihre Arbeitsplätze.

Die Schwaben haben bisher lediglich treuhänderisch das Sagen in Leipzig. Wie viel die derzeitigen Eigner, Land und über die Sachsen-Finanzgruppe auch Kommunen, bekommen, ist noch unklar. Die Bewertung läuft. Käufer und Verkäufer haben sich verpflichtet, gemeinsam einen Prüfer - nach FR-Informationen Pricewaterhouse-Coopers - zu beauftragen und dessen Ergebnis als verbindlich anzuerkennen. Zwar war als Preis ein Mindestbetrag von 300 Millionen Euro vereinbart worden, der zum Großteil in Anteilen an der LBBW gezahlt werden soll. Klauseln sehen aber vor, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Eigner leer ausgehen könnten und sogar noch was mitgeben müssten.

Immerhin ist LBBW-Vorstandschef Siegfried Siegfried Jaschinski am Wochenende Gerüchten entgegengetreten, die Schwaben überlegten, wegen der sich angeblich stark verschärfenden Lage bei der SachsenLB die Übernahme komplett platzen zu lassen. Für Kritiker wie SPD-Parlamentarier Karl Nolle, Obmann seiner Partei im SachsenLB-Untersuchungsausschuss des Dresdner Landtags, ist trotzdem schon jetzt klar, dass die Eigner noch was zuschießen müssen, wollen sie nicht auf ihrer maroden Landesbank sitzen bleiben. Schon vor Wochen sei von 50 Millionen Euro die Rede gewesen, inzwischen würden dreistellige Millionennachforderungen immer realistischer, so Nolle.

Vor diesem Hintergrund sind auch Berichte zu sehen, der Freistaat könnte bereit sein, dem Lieblingskind von Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) eine Bürgschaft über eine Milliarde Euro für die Zweckgesellschaften Ormond Quay, Georges Quay und Sachsen Funding zu geben.
VON THOMAS STROHM