Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 11.12.2007

Poker um Verkauf der Landesbank

Ende der Woche gehen die Verhandlungen in die entscheidende Phase. Noch wird aber gestritten über eine Milliarden-Bürgschaft.
 
Mit wenigen, aber drastischen Worten brachte gestern ein Vertreter der sächsischen Verhandlungsgruppe die dramatische Situation auf den Punkt: „Wir haben eigentlich nur die Wahl zwischen Erschießen und Erhängen.“ Und diese Optionen sind wirklich nicht verlockend: Entweder platzt der Verkauf der angeschlagenen Sachsen-Landesbank noch in letzter Sekunde und endet in einem finanziellen Super-Gau; oder das leidige Thema Landesbank wird für den Freistaat zu einer riesigen, milliardenschweren Hypothek für die Zukunft.

Noch wird hart verhandelt. Die Verhandler tingeln seit Tagen wie ein Wanderzirkus zwischen Stuttgart, Bonn, Dresden und Leipzig. Doch die Zeit drängt: Der Abschluss des im August hastig eingetüteten Notverkaufs der Landesbank, die durch die US-Hypothekenkrise und riskante Geschäfte ihrer irischen Tochter in lebensbedrohliche Schieflage geraten war, muss bis Weihnachten unter Dach und Fach sein. Der Zeitplan scheint zu klappen. Am Wochenende gehen die Gespräche in die „entscheidende Phase“, kündigte Regierungssprecher Peter Zimmermann gestern an. Kein Wort zu Details.

Wenige Stunden zuvor hatte der Landesbank-Käufer, die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), unmissverständlich in der „Süddeutschen Zeitung“ ihre Maximalforderung auf den Tisch gelegt: Rund vier Milliarden Euro wollen die Stuttgarter vom Freistaat, um mögliche Ausfälle im Geschäftsportfolio der Landesbank auffangen zu können. Das wären die üblichen zehn Prozent Wertberichtigung für von ihnen geschätzte 43Milliarden Euro an Risiken. Im Klartext: Für eventuelle Verluste steht dann der Freistaat gerade. Zum Vergleich: Vier Milliarden Euro wären etwa ein Viertel des sächsischen Jahreshaushalts. Bei Geld hört die (Partei-)Freundschaft auf, heißt es bitter aus Sachsen angesichts der harten Forderung aus dem ebenfalls CDU-geführten „Ländle“. Sachsens Position soll sich bei etwa 1,2 Milliarden Euro bewegen. Doch selbst wenn sich beide Verhandlungspartner irgendwo in der Mitte treffen sollten – vielleicht bei knapp unter zwei Milliarden Euro – wird auch dies zu einer haushaltstechnischen Herausforderung mit etlichen Risiken und Fallstricken für den Freistaat.

Belastung für die Wirtschaft

Denn laut Haushaltsgesetz darf das Land nicht mehr als 1,75 Milliarden Euro pro Jahr an Bürgschaften übernehmen. Für 2007 ist dieser Rahmen weit ausgeschöpft. Sollte für die Landesbank ein hoher Betrag fällig werden, könnte der Freistaat gezwungen sein, bei Bürgschaften für Unternehmen und den Wohnungsbau kürzer zu treten. Auch eine Option: Baden-Württemberg könnte einen Teil der Summe mittragen. Offen dabei ist, ob die EU dies als beihilferechtliches Problem sieht. Auch um dem vorzubeugen, weilte gestern eine Delegation mit Sachsens Finanzminister Stanislaw Tillich und seinem Stuttgarter Amtskollegen Gerhard Stratthaus (beide CDU) bei der Bankenaufsicht (Bafin) in Bonn.

Derweil wächst der Druck auf Sachsens Premier Georg Milbradt (CDU, Foto: Seyboldtpress), der gestern kurzfristig einen offiziellen Termin strich. Hinter vorgehaltener Hand spielen hohe CDU-Vertreter bereits Wechsel-Szenarien durch. Milbradt müsse mindestens bis Jahresanfang bleiben, bis die Bank-Krise überstanden sei, heißt es. Sein Nimbus als Finanz- und Wirtschaftsexperte sei aber so lädiert, dass er schon für die Kommunalwahl am 8. Juni nicht mehr tragbar sei. Während die Linke gestern bereits Milbradt zum Rücktritt aufforderte, will die FDP, dass alle Zahlen schnellstens offen gelegt werden; die Grünen fordern eine Sondersitzung des Landtags zum Jahresende.
Von Annette Binninger