Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, Seite 1, 11.12.2007

Sachsen-LB droht Milliardengrab zu werden

Bank soll Kreditrisiken von 43 Milliarden Euro haben – Verhandlungen über Verkauf an Landesbank Baden-Württemberg in entscheidender Phase
 
Dresden. Die finanziellen Turbulenzen um den Notverkauf der Landesbank Sachsen (Sachsen-LB) spitzen sich zu. Dabei wird es für Regierungschef Georg Milbradt (CDU) immer enger. Die Linksfraktion im Sächsischen Landtag forderte angesichts absehbarer Milliardenverluste gestern „den Rücktritt des Ministerpräsidenten und damit der gesamten Regierung". Laut Fraktionschef Andre Hahn wurden Bürger und Parlament belogen. Nach dem Notverkauf der Bank habe es geheißen, dass dem sächsischen Steuerzahler kein oder kein weiterer Schaden entstehe. Diese Behauptungen seien „offenkundig falsch" gewesen.

Gestern hatte die „Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf Finanzkreise berichtet, dass im Zuge des Verkaufs des landeseigenen Kreditinstituts eine Bürgschaft des Freistaates in Höhe von 4,3 Milliarden Euro nötig werde. Der Käufer, die Baden-Württembergische Landesbank (LBBW), soll dies gefordert haben. Ansonsten könnte die Übernahme der Bank noch platzen.

Mit der Bürgschaftssumme soll dem Bericht zufolge ein Risikopotenzial in Höhe von 43 Milliarden Euro, das in verschiedenen so genannten Zweckgesellschaften der Sachsen-LB aufgelaufen sei, abgesichert werden. Die Sachsen-LB hatte über diese Gesellschaften, die außerhalb der Bilanzen geführt wurden, jahrelang mit Milliardensummen auf dem US-Hypothekenmarkt gehandelt und sich verspekuliert.

Im Zuge der Krise auf dem US-Immobilienmarkt waren die umstrittenen Kredite ins Trudeln geraten. Der Notverkauf der Bank an die LBBW, der in einer nächtlichen Krisensitzung im Spätsommer beschlossen wurde, sollte die schlimmsten Folgen abwenden und die schwer angeschlagene SachsenLB vor dem Zusammenbruch retten.

„Jetzt droht jedoch der Supergau sächsischer Finanzpolitik", so Karl Nolle von der SPD-Fraktion im Landtag. Die Sachsen-LB sei immer das „Lieblingskind" von Milbradt gewesen. Eine Bürgschaft von über vier Milliarden Euro sei aber vom Freistaat, dessen Landeshaushalt dieses Jahr rund 16 Milliarden Euro umfasst, allein nicht zu stemmen. Wenn die Landesbank kippt, würde das jedoch die deutsche Bankenlandschaft erschüttern, so Nolle.

Von Sachsens Regierungssprecher Peter Zimmermann gab es gestern keinen Kommentar zu den kursierenden Zahlen. Er räumte jedoch ein, dass komplizierte Gesprächezur Übernahme der Sachsen-LB laufen. Kommendes Wochenende sollen die Verhandlungen in die entscheidende Phase treten.

Neben der Linkspartei fordern die FDP und die Grünen im Landtag Aufklärung über die Risiken bei der Sachsen-LB. Antje Hermenau, Chefin der Grünen-Fraktion, brachte gestern eine Landtagssondersitzung noch vor Jahresende ins Gespräch.

Die Turbulenzen an den Finanzmärkten durch die US-Immobilienkrise schlagen mittlerweile immer stärker auf Europa durch. Die Schweizer Großbank UBS musste gestern rund zehn Milliarden Dollar abschreiben. Als Gründe nannte die Bank neben Zahlungsausfällen von Eigenheimbesitzern insbesondere die schlechteren Markterwartungen.
VON SAMIRA SACHSE (mit afp)