Karl Nolle, MdL
Agenturen dpa, 18:17 Uhr, 11.12.2007
Bankenverkauf: Sachsen kann LBBW-Forderungen nicht erfüllen
Dresden (dpa/sn) - Die Verhandlungen zum Verkauf der angeschlagenen Sachsen LB an die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) sind in einer kritischen Phase. Sachsens Finanzminister Stanislaw Tillich (CDU) erklärte am Dienstag in Dresden, der Freistaat könne nachgelegte Forderungen zur Absicherung von Risiken der sächsischen Landesbank nicht allein schultern. «Das ist absolut unmöglich.» Größenordnungen zu der von der LBBW verlangten Landesbürgschaft nannte der Minister nicht. Er sehe keinen Beleg dafür, dass sich die LBBW nicht an der Risikoabschirmung beteiligen könne.
Tillich zufolge sind die Verhandlungspartner in der Pflicht, sich noch in dieser Woche zu einigen. Diese Forderung soll nach Angaben aus Verhandlungskreisen von Jochen Sanio, dem Chef der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), erhoben worden sein. «Wir wissen nicht, ob die LBBW die Risiken nicht mittragen will oder nicht mittragen kann», hieß es intern. In Dresden habe man den Eindruck, die LBBW habe sich bei der Übernahme der Sachsen LB im August «ein Schnäppchen versprochen» und darauf gesetzt, dass sich die Märkte bessern würden. Die LBBW lehnte auf Nachfrage einen Kommentar zum Stand der Verhandlungen ab.
Nach unbestätigten Medienberichten verlangt die LBBW für die im August vereinbarte Übernahme der Sachsen LB eine Landesbürgschaft von 4,3 Milliarden Euro. In der vergangenen Woche war noch von einer Milliarde Euro die Rede. Tillich zufolge soll Sachsen alle derzeit erkennbaren Risiken abdecken, eine Lastenteilung lehne die LBBW ab. Diese Risiken stecken in Zweckgesellschaften der Dubliner Landesbank- Tochter Sachsen LB Europe, die die Bank durch Spekulationen auf dem US-Hypothekenmarkt in Bedrängnis gebracht hatte. Das Fondsvolumen dieser Gesellschaften, das regelmäßig finanziert werden muss, beläuft sich auf 43 Milliarden Euro.
Sachsens Finanzminister sagte, er gehe davon aus, dass es eine Lösung zu den Risiken gebe, an der sich Stuttgart beteilige. Zum Verfahren bei einem Scheitern der Verhandlungen wollte sich der Minister nicht äußern: «Ich bin nicht der Bankexperte.» Zudem warnte er: «Für den Fall eines Scheiterns würden die Märkte nicht mit Gelassenheit reagieren.» Sollen sich spürbare Erschütterungen im Bankenwesen abzeichnen, «stellt sich die Frage, wie es eine solidarische Reaktion Dritter geben könnte». Tillich sprach von einer «solidarischen Leistung der Landesbanken» und nannte die Stützungseinrichtung der deutschen Sparkassenorganisation.
Die Ministerpräsidenten von Sachsen und Baden-Württemberg, Georg Milbradt und Günther Oettinger (beide CDU), sind bislang noch nicht formal in die Gespräche einbezogen worden. «Es spricht einiges dafür, dass es sinnvoll ist, dass die beiden Ministerpräsidenten miteinander sprechen», sagte Regierungssprecher Peter Zimmermann. Milbradt wollte die Chefs der Landtagsfraktionen mit Ausnahme der rechtsextremen NPD am Dienstagabend bei einem Essen über die Sachlage informieren. Die NPD kündigte wegen der Ausgrenzung Verfassungsklage an. Finanzminister Tillich will an diesem Mittwoch im Landtag eine Erklärung abgeben. Auf Nachfrage hieß es aus dem Finanzministerium, dass zu dieser Erklärung auch eine Aussprache möglich sei.
Linke und Grüne beharrten auf ihrer Forderung nach einer Regierungserklärung zum Verkauf der Sachsen LB. Das machten Sprecher beider Fraktionen deutlich. Sie kündigten zudem an, an an diesem Mittwoch im Landtag ihre Forderung nach einem Nachtragshaushalt zu erneuern. Wenn Sachsen in Milliardenhöhe für Risiken bei der Landesbank bürgen solle, führe an einem Nachtragshaushalt kein Weg vorbei.
Die Sachsen LB war Ende August im Eilverfahren verkauft worden, nachdem sie durch riskante Geschäfte in Bedrängnis geraten war und vor der Schließung stand. Der Kaufpreis soll erst nach endgültiger Bewertung aller Risiken Ende des Jahres festgelegt werden. Die LBBW hat zudem die Option, den Kauf rückgängig zu machen. Stuttgart hatte unmittelbar nach der Übernahme im August 250 Millionen Euro zur Sicherung des Eigenkapitals an die Sachsen LB überwiesen. Der Freistaat erhoffte sich im August einen Verkaufspreis von 300 Millionen Euro als «Untergrenze».
dpa st yysn z2 ev
111817 Dez 07